■ Querspalte: Lachs und Proust und Erdbeben
Das Internet wird immer besser. Täglich. Nachdem die ersten Restaurants ihre Speisekarten weltweit einspeisen, wissen wir endlich, ob Maitre Haeberlin im Elsässischen seinen „Lachs-Forelle-Dialog“ im Fenchelbett oder doch lieber an angeschmorten Frühlingszwiebelchen serviert, was uns sehr beruhigt.
In Colmar hat der eingeknastete vermeintliche Subventionsschwindler Christian Proust soeben durchgesetzt, daß sämtliche Gerichtsakten im Internet veröffentlicht werden (http://ww.Presscom .Com): „Damit will ich meine Ehre retten.“ Auch nicht schlecht. Warum macht das nicht längst der eingekerkerte Hühnerbaron Pohlmann? Dann können wir, bevor wir die Eier für die Sauce zum Lachs-Forelle-Dialog aufschlagen, kurz rübersurfen zu http://quäl.Huhn.Ei und anhand der Aktenlage brandaktuell entscheiden, ob wir Pohlmanns „Goldhuhn“ oder lieber „Bioland“ verwenden.
Das Allerschönste ist der neue Erdbebenservice. Sobald die Erde im Kalifornischen zittert, rasen die Daten in Hochgeschwindigkeit ins Internet (http:// quake.Wr.Usgs.Gov). Computernutzer sind genauso früh informiert wie Seismologen, sagt dpa. Wenn die Bude also wackelt, müssen wir nur den mit möglichst starken Bleiplatten geschützten Computer anwerfen und können sofort ablesen, wie stark sie wackelt. Wir entscheiden in Echtzeit, ob wir abhauen oder cool abwarten. Sollte unser Häuschen einstürzen, sollten wir auf der Flucht den Laptop nicht vergessen – wegen der Nachbeben.
Möglicherweise ließe sich auch das augenblickliche Erdbeben in der taz (Richter-Skala 11,9) per Internet bewältigen. Wie das geht? Die inzwischen doch recht zahlreichen Chefredakteure tippen ihre Konzepte ins Netz (http://mord&tot.Taz .Chef), und die weltweite Gemeinde stimmt worldwidewebmäßig ab: demokratisch, international, zeitgemäß. Der Sieger bekommt einmal Lachs-Forelle- Dialog. Der Verlierer muß die Gerichtsakten von Herrn Proust lesen. Das Internet wird wirklich immer besser. Manfred Kriener
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