Nicht nur Österreicher

■ Uraufführung, Premieren, Festival: In dieser Woche ist auf Hamburgs Bühnen soviel los, wie schon lange nicht mehr – Das Wichtigste in Kürze

Das beste Theater ist immer noch das Theater. Aber für soviele Vorstellungen wie diese Woche bräuchte man einen programmierbaren Theaterrecorder. Stürzen wir uns also in die Vollen und beginnen mit vielen Österreichern.

Pasolini

Pier Paolo Pasolini biete alles, was ein Johann Kresnik (Österreicher) für sein Theater braucht. Ein schillerndes Privatleben, das in einem bis heute ungeklärten Mord endet, ein komplexes literarisches Werk, das soviel Zustimmung wie Widerstand provoziert hat, dazu Mythen, Pathos, Leidenschaft und natürlich die Geschichte eines Tabubruchs, hier der Homosexualität im katholischen Italien. Testament des Körpers, wie die andere Hälfte des Titels lautet, ist für Kresnik die zweite körperliche Bearbeitung des Dichters, den er halb ironisch, halb ernst als „Gott“ verehrt. Mit vier Tänzern und diversen Schauspielern sowie dem nachgelassenen Romanfragment Petrolio inszeniert Kresnik im Bühnenbild von Gottfried Helnwein (Österreicher) sein Wunschbild von Pasolini als sinnlichen Kämpfer und gehaßter Lichtgestalt.

Pasolini also als ein Selbstentwurf Kresniks? Warten wir's ab. Kresnik hat schon oft vorher sein Material im positiven wie im negativen verklärt, aber dann doch beeindruckende Studien auf die Bühne gebracht.

Premiere: Freitag, 26. April, 20 Uhr, Schauspielhaus

Die Fledermaus

„Nicht den geringsten Respekt“ vor der Partitur will Regisseur Hans Hollmann (Österreicher) haben und aus Johann Strauß' (Österreicher) Operette Die Fledermaus einen „Zerrspiegel“ aus „verrückten Utopien und absurder Phantasie“ fabrizieren. Damit hofft er auch jene Opernfreunde zu locken, bei denen schon das Wort „Operette“ eine Mittelohrentzündung ankündigt. Denn die mittlerweile elfte Inszenierung des fröhlichen Klassikers soll einer Hamburg Oper 1996 würdig sein. Deswegen greift Hollmann sogar zum Vergleich mit der absurden Literatur, wenn er von seiner Interpretation des trink- und spottfröhlichen Spiels spricht.

Stefan Soltesz (Österreicher) wird den richtigen Walzerschwung vom Pult aus steuern, Fritz Muliar (Österreicher) gibt den Frosch, Hellen Kwon, Barbara Daniels, Bo Skovhus, Jochen Kowalski, David Kuebler und Klaus Häger singen die Hauptrollen und wir alle warten gespannt darauf, ob dies nun wirklich neu und frech oder nur Schmonzes in neuen Kleidern wird.

Premiere: Sonntag, 28. April, 18 Uhr, Hamburg Oper

Scherben

Wie Angst Körper kaputt macht, beschreibt Arthur Miller in seinem neuesten Stück Scherben. Die amerikanische Jüdin Sylvia Gellburg kann plötzlich ihre Beine nicht mehr bewegen. Das Jahr ist 1938 und die Schatten des Holocausts werfen sich voraus, hier in Form von psychosomatischen Ahnungen. Sylvias Mann dagegen versucht seine jüdischen Wurzeln mit Härte und beruflichem Ehrgeiz zu verleugnen. Vor diesem Hintergrund und mit dem Auftreten des schönen Arztes Harry Hyman entwickelt sich ein Familienthriller, der gesellschaftliche Pervertierungen und persönliches Schicksal millertypisch verstrickt.

Viele staatstheaterbekannte Menschen bringen dies Drama auf die Bretter: Elke Lang inszeniert das Stück mit Barbara Nüsse, Gerhard Garbers, Peter Franke und Doris Buchrucker, die Bühne baut Raimund Bauer und die Kostüme sind von Rainer Gawenda. Premiere: Sonnabend, 27. April, 20 Uhr, Kammerspiele

Junge Hunde

Richter und Rudolph sind Söhne. Richter und Rudolph sind aber auch Väter. Der eine ist ein bekannter Regisseur, der andere Lehrer. Richter und Rudolph Söhne machen jetzt mit den Vätern ein Projekt aus ihrer Vergangenheit, mit dem sie das Kampnagel-Festival eröffnen, über das sie aber nicht viel sagen wollen. Klingt interessant (heute bis Sonnabend, 21 Uhr, k4).

Parallel dazu finden sich die ersten britischen Jungen Hunde ein. Die Frantic Theatre Company aus Wales beschreibt im Stil des „Physical Theatre“ das Thema Körper, und was man damit alles anstellen kann (heute bis Sonnabend, 19.30 Uhr, k1).

Ein Irgendwie-französisches Doppelpack folgt am Sonnabend. Die Compagnie a fleur de peau besteht aus einem deutschen Regisseur und einer barasilianischen Choreografin, die in Paris arbeiten, und zeigt auch was zum Thema „Körper“. Und Nasser Martin-Gousset ist halber Franzose, arbeitet sonst mit tollen Choreografen wie Sasha Waltz und Josef Nadj und zeigt hier eine lustige Eigenproduktion zur Religion als solcher (21 Uhr, 28. und 30. April, 20 Uhr, k1).

Hänschen Klein

Wenn sich das Fundus-Theater eines Kinderstückes annimmt, dann kommt am Ende sicher keine olle Kamelle raus. Selbst wenn es um eine Allerweltsgeschichte wie Hänschen Klein geht, können Sylvia Deinert und Tine Krieg mit einfachen Mitteln und endloser Phantasie eine völlig neue Welt zaubern. Kinder ab 4 Jahre, hingehen! Premiere: Mittwoch, 1. Mai, 15 Uhr, Fundustheater, Papenstr. 29

Till Briegleb