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Einigung über Theater-Etat

■ Der Aufsichtsrat der Bremer Theater-GmbH einigt sich auf einen Wirtschaftsplan mit nur geringen Einbußen fürs Theater

„Ich bin zwar nicht glücklich, aber zufrieden“, sagte der Intendant des Bremer Theaters Klaus Pierwoß gestern. Verwaltungsdirektor Rolf Rempe philosophierte: „Dies war eine schwere Geburt, eine Zangengeburt, aber das Kind, das dabei herausgekommen ist, ist lebensfähig.“ Die Niederkunft, über die die beiden Theatermänner da Auskunft gaben, hat am Dienstag abend stattgefunden. Zur Welt kam nicht etwa eine neue Bühnenpremiere, sondern nach Beschluß des Aufsichtsrats der Bremer Theater GmbH ein Wirtschaftsplan. Pures Zahlenwerk, doch existenziell für das Überleben des Bremer Theaters, so weiß man seit mindestens einem halben Jahr.

Denn so lange dauert der Streit um die Höhe der Subventionen, die die Kultursenatorin, Bringfriede Kahrs, ursprünglich um 10 Prozent beschneiden wollte. Nun sind Kultursenatorin und Theaterleute miteinander handelseinig geworden.

Der Kompromiß sei zwar „messerscharf“, aber man könne „aus kaufmännischer Sicht“ damit leben, meint Verwaltungsdirektor Rempe. Der Ökonom würde dem Theater gar eine guten Deal bescheinigen, denn schließlich verhandelte man diese Woche mit der Senatorin nur noch um einen Fehlbetrag von 940.000 Mark, nachdem es vor Monaten noch eine Differenz von 1,8 Millionen zwischen den Vorstellungen von Pierwoß und Kahrs gab. 700.000 Mark Schulden, die das Theater schon gemacht hat, heißen hier Unterdeckung, die als „Verlustvortrag“ bestehen bleibe und vom Kultursenator „im Hauhaltsjahr 1998/1999 berücksichtigt werden muß“. Ein blauäugiger Deal? Pierwoß wäscht seine Hände in Unschuld, schließlich habe man, bevor die Sparmaßnahmen verkündet wurden, schon Vertragsverpflichtungen gehabt. Die verbleibende Summe von 240.000 „wurde auführlich debattiert; jedoch gibt es nach Auffassung aller Beteiligten kaum eine Möglichkeit zu weiteren Ein-sparungen. Möglicherweise soll hier etwas durch eine noch zu gründende Reformstrukturkommision eingespart werden. Auch dies eine mittel- bis langfristige Perspektive, die dem Theater nur dann weitere Opfer abverlangt, wenn „Einsparpotential“ gefunden wird.

Zeit und fast ein halbes Jahr an kostbarer Nerven- und Arbeitskraft – das sei der Preis gewesen, den man für den Kompromiß bezahlt habe, resumiert Intendant Pierwoß. Nachdem er ursprünglich den Senat auf die Einhaltung des mit ihm geschlossenen Vertrages verklagen wollte, will er es jetzt „damit gut sein lassen“. Daß die Frustrationen und der unfreundliche Umgangston der Behörde allerdings zur Kündigung des Verwaltungsdirektors Rempe geführt haben, sei ein großer Verlust für die Zukunft des Theaters.

Gewendet habe sich das Blatt in der Auseinandersetzung mit der Behörde durch „das Glück des Tüchtigen“, wie Rempe es nennt. Im letzten Jahr sei der Aufwärtstrend am Goetheplatz immer deutlicher geworden. Nach den überaus gelungenen Premieren „Woyzeck“ und „Dreigroschenoper“ sei die Stimmung auch unter den Zuschauern umgeschlagen. Nun gehen die Bremer wieder ins Theater und sogar in statistisch meßbarem Maße. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Zuschauerzahlen um 11,1 Prozent und die Einnahmen aus Eintrittsgeldern um 19,9 Prozent.

„Wir wußten ja schon gar nicht mehr, wo das Ausverkauft-Schild hingeraten war. Jetzt kommt es mal wieder zu Einsatz“, freut sich Rempe. rau

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