: Ein Hexenkessel unter dem Maulwurfshügel
■ Die fast fertige Max-Schmeling-Halle am Jahn-Sport-Park lädt am Wochenende zum „Tag der offenen Tür“ mit Programm ein. Die schicke Halle sucht Betreiber
Sport ist Mord, seit die totale Medialisierung die Leibesübungen im Würgegriff hat. So terrorisiert Sat.1 beinahe täglich die Fernsehgucker mit Fußballshows. Superslowmotions und ewige Wiederholungen dringen durch jeden Muskel. Und tödlich sind die Reporter – fast alles Heribert-Faßbender- Schüler aus der „Sportschau“ –, die über „aufgebrochene Verletzungen“ und „ein hin-und-her-wogendes Spiel“ schwätzen.
Es geht auch anders, nämlich live, aktiv, in dichter Atmosphäre, unter schnittiger Architektur und wie in einer klassischen Arena. Wenn sich an diesem Wochenende erstmals die Tore zur neuen, fast fertigen Max-Schmeling-Halle am Falkplatz in Prenzlauer Berg öffnen, wird zwar noch kein Match die Halle in einen „Hexenkessel“ (Faßbender u. a.) verwandeln. Aber am „Tag der offenen Tür“, an dem die Halle den Fans mit einem Sport- und Kulturprogramm vorgestellt wird – das die Ufa-Fabrik mitorganisiert – könnte das „leichte Brodeln“ (Faßbender u.a.) schon spürbar werden: Alba Berlin spielt Basketball, Techno- Bands bringen Raver in Stimmung, und auf den steilen Rängen tanzt der Bär.
Nach fast drei Jahren Bauzeit ist aus dem Restbestand der kläglich gescheiterten Olympiabewerbung eine Sporthalle entstanden, die sich sehen lassen kann. Der Wettbewerbsentwurf der Frankfurter Architekten Dietz/Joppien/Dietz hat sich zu einer kleinen luftigen Arena entwickelt, der man nicht ansieht, daß fast 10.000 Zuschauer darin Platz finden. In die Wettkampfstätte hinein geht es von beiden Seiten (dem Mauerpark und Jahn-Sport-Park) wie in ein Bergwerk, weil die Architekten die Arena in den Trümmerhügel am Falkplatz gegraben haben. Doch drinnen ist es nicht dunkel, sondern hell. Über dem Hauptfeld „schwebt“ ein Stahl- und Glasdach.
Zum Falkplatz hin und um die oberen Ränge sind die Wände geöffnet, so daß man in den Park oder auf das grüne Dach treten kann. Vom Restaurant blickt der Besucher über Berlin, und selbst in die unteren Foyers, Gänge und Umkleideräume dringt Tageslicht. Dazu haben die Architekten Schächte in den Hallen-Maulwurfshügel gegraben.
Intim aber wirkt die „grüne Arena“ im Innenraum deshalb, weil die Ränge und Tribünen so steil angelegt sind, daß Besucher selbst aus 18 Meter Höhe – im „Olymp“ oder besser: auf den billigen Plätzen – ganz nah über dem Ring oder am Spielfeld für Handball-, Basket- und Volleyball sitzen. Nur so entstehen „Hexenkessel“ (Faßbender u. a.). Der erste soll im September kochen, dann spielen die Basketballer von Alba Berlin um Europapokal-Körbe.
Um die 205 Millionen Mark teure Max-Schmeling-Halle hat es in der Vergangenheit immer Rangeleien gegeben, ohne die das Gebäude mit Sicherheit schlechter geworden wäre. Dem Bauherrn, der landeseigenen OSB Olympiasportstättenbauten, trotzten die Anwohner das grüne Umfeld am Falkplatz und den Mauerpark ab. Das Ringen um „Hochleistungskampfbahn“ oder „Breitensport“ hat bewirkt, daß unter den seitlich abfallenden Grashügeln drei Dreifachsporthallen für Schulen, Gruppen und Vereine geschaffen wurden.
Die Halle ist schick – aber niemand will sie privat betreiben. Zwar hat der Senat bis Ende April eine Auslobung gestartet, auf die sich bereits Interessenten, darunter die OSB, gemeldet haben. Doch niemand will den Sportpalast ganz und auf eigene Rechung pachten: Zu teuer, lauten die Einsprüche. So bleibt es fraglich, ob die Großarena, wie angedacht, ohne Subventionen und bauliche Zugeständnisse über den Tisch geht. Das wäre mehr als unsportlich. Rolf Lautenschläger
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