Beim Geld ist jeder Staat sich selbst der nächste

■ Ein Europäischer Investitionsfonds soll privates Kapital für die transeuropäischen Netze anlocken. Aber bisher haben vor allem Staatsbanken Anteile gezeichnet

Transeuropäische Netze sind teuer. Neue Autobahnen, Schienenstrecken, Gasleitungen und Telekomverbindungen quer durch den Kontinent, das alles verschlingt Unsummen. Allein die Verwirklichung von 14 „vorrangigen Projekten“ soll fast 200 Milliarden Mark kosten, rund 80 Milliarden Mark sollen bis zur Jahrtausendwende ausgegeben werden.

Als Anreiz für die siechenden europäischen Arbeitsmärkte werden die Netze von den Mitgliedstaaten stets begrüßt. Dem Binnenmarkt dürften sie tatsächlich recht förderlich sein. Angesichts der allseitigen Haushaltsprobleme sind jedoch die finanziellen Möglichkeiten der Mitgliedsländer begrenzt. Mit günstigen Krediten hilft vor allem die Europäische Investitionsbank (EIB), die bereits Finanzzusagen in Höhe von rund 26 Milliarden Mark gemacht hat.

Weil die von den EU-Mitgliedstaaten gehaltene Bank jedoch nur bis zu 50 Prozent der jeweiligen Projektkosten finanzieren darf, sind immer noch große Lücken vorhanden. Die Europäische Union würde diese Lücken gerne schließen helfen, wenn man ihr nur einen eigenen Zugang zu den Kapitalmärkten zubilligen würde. Doch hier sind die Mitgliedstaaten bisher eisern. Beim Schuldenmachen wollen sie lieber unter sich bleiben.

Das Gebot der Stunde sehen die europäischen Investitionslenker daher in der Mobilisierung von privatem Kapital. Private Banken sollen zusätzliches Geld lockermachen. Um ihnen das langfristige Geschäft schmackhaft zu machen, wurde im Juni 1994 ein Europäischer Investitionsfonds gegründet, der für die Kredite der Privatbanken bürgen will.

Den Hauptanteil des Fondskapitals in Höhe von rund vier Milliarden Mark halten die EIB (40 Prozent) und die EU (30 Prozent). Der Rest soll von einzelnen Finanzinstituten in den fünfzehn Mitgliedstaaten beigesteuert werden. Bisher sind aber noch rund die Hälfte der für privates Kapital vorgesehenen Anteile ungezeichnet.

Und auch die Beteiligung von bisher knapp 80 Banken entspricht wohl nicht ganz den Planungen. Bislang sind nämlich vor allem öffentliche Banken engagiert, in Deutschland zum Beispiel findet sich neben der Kreditanstalt für Wiederaufbau und zahlreichen Landesbanken keine einzige echte Privatbank. Ähnlich schwach ist die Bilanz, wenn man die Herkunft der garantierten Kredite betrachtet. Hauptsächlich bürgt der Fonds nämlich für Darlehen, die seine eigenen Kapitaleigner vergeben. Im Falle der einzelnen Banken mag das sinnvoll sein, weil sich für sie das Risiko wirklich besser streut. Denn am Fondskapital sind sie ja nur mit einem Bruchteil beteiligt.

Die meisten der bisher garantierten Darlehen stammen jedoch von der Europäischen Investitionsbank selbst, die durch derartige Garantien eigentlich nicht ermuntert werden müßte. Insider geben deshalb offen zu, daß die bisherigen Finanztransaktionen vor allem einen Sinn hatten: Den Geschäftsbanken zu zeigen, daß es einen Europäischen Investitionsfonds überhaupt gibt. chr