Vorlesung im Freien

■ JurastudentInnen protestieren mit öffentlichen Seminaren gegen Sparkurs

StudentInnen und ProfessorInnen des Fachbereichs Jura an FU und HU verlegten gestern ihre Vorlesungen auf den Breitscheidplatz. In Gruppen saßen die StudentInnen auf dem harten Asphalt. Statt über Strafrecht zu dozieren, verwies FU-Professor Klaus Geppert darauf, daß an seiner Fakultät schon seit 1990 systematisch Personalmittel und Sachmittel abgezogen würden.

Die Zahl der Lehrenden und der Angestellten im Mittelbau nehme ständig ab, die Zahl der Studenten sei hingegen stetig angewachsen. Dagegen stelle die Ausbildung immer höhere Anforderungen. Gerade wegen der Internationalisierung des Rechts bedürfe es zusätzlicher Kräfte in der Lehre. Auch die von der Universität betriebene Studienverkürzung erfordere eine intensivere Betreuung der Studenten. Dies scheint, beispielsweise wegen der sukzessiven „Wegrationalisierung“ des Tutorenmodells, nicht mehr gewährleistet. Dieses Modell geht auf die Initiative von Studenten zurück und gibt den Studierenden die Möglichkeit, in betreuten Kleingruppen juristische Fälle zu bearbeiten. „Nur da lernt man was, nicht in den großen Vorlesungen“, ereifert sich Nele Behr, im zweiten Semester an der FU.

Katastrophal seien auch die Zustände in der Bibliothek. Früher seien vom Standardwerk Palandt jährlich 30 Exemplare angeschafft worden, nun gebe es nur noch eines. „Beim Sparen fehlt ein Konzept“, sagt Antje Sägebarth. „Wir sind verunsichert. Jetzt sind wir im zweiten Semester und wissen nicht, was im vierten Semester sein wird.“

Auch die angehenden Juristen der Humboldt-Universität können die Senatssparpolitik nicht mehr nachvollziehen. An der HU habe man sich ursprünglich das Ziel gesetzt, der Jurafakultät ein besonderes Profil zu verleihen. Nun ist jedoch für das Wintersemester der Sonderzweig „Fremdsprachliches Rechtsstudium“ in Frage gestellt. Auch die Klausurenkurse, ein besonderes Angebot der HU, um den Studierenden eine Alternative zu teuren Repetitorien anzubieten, seien durch die Sparmaßnahmen gefährdet.

Rund 800 JuristInnen seien allein an der FU aktiv an den Protestaktionen beteiligt. „Das ist für Juristen eine ganze Menge“, kommentierte Fachschaftssprecher Karsten Krone. Ein großes Publikum fand die öffentliche Vorlesung allerdings nicht, nur einige jüngere Passanten blieben stehen. Stephanie v. Oppen