Eine Menge „deutsch-feindliches Material“

■ In Amsterdam wurde die Ausstellung „D.O.O.D.“ rekonstruiert, eine 1936 von Künstlern organisierte Gegenveranstaltung zur „Olympiade der Kunst“ in Berlin

Es gab sie nur von 1912 bis 1948: Die Kunstolympiade, ein den Olympischen Spielen angeschlossener Wettbewerb in den Bildenden Künsten, bei dem Maler, Schriftsteller, Musiker und Architekten Gold, Silber und Bronze holen konnten. Künstler aller Sparten durften an dem Wettstreit teilnehmen, Einschränkungen bestanden nicht. Das Jahr 1936 bildet da eine Ausnahme. Die Olympischen Spiele wurden in Berlin ausgetragen und vielen Künstlern wurde die Teilnahme verboten – entweder wegen ihrer politischen Haltung oder weil sie Juden waren.

Die Berliner Veranstaltung stieß auf erheblichen internationalen Protest. Bereits eingeladene Künstler wurden dazu aufgerufen, die Ausstellung zu boykottieren und keine ihrer Arbeiten einzusenden. Während Barcelona alternative Spiele abhielt, wurde in Amsterdam unter dem Titel „D.O.O.D.“ (De Olympiade Onder Dictatuur) eine alternative Olympiade für all jene Künstler organisiert, die in Berlin ausgeschlossen wurden. Zugleich sollte die Ausstellung eine Anklage gegen das NS-Regime darstellen. Neben den Kunstwerken wurden auch Fotos und Dokumente gezeigt, die einen Eindruck von der deutschen „Kulturschändung“ geben sollten, von Zensur, Rassentheorien und Judenverfolgung, Konzentrationslagern, Hitlerjugend und Militärpropaganda.

Die originale Schau war vom „Künstlerbund zur Verteidigung der kulturellen Rechte“ initiiert worden, einer Vereinigung, die 1935 zum Kampf gegen den Faschismus entstand. Einige Mitglieder engagierten sich auch im „Comite ter Bescherming van de Olympische Gedachte“, das die Ausstellung mitveranstaltete. Auf die in vier Sprachen gedruckte Einladung zur Teilnahme reagierten 150 Künstler, zur Hälfte aus den Niederlanden sowie Belgien, Frankreich, Großbritannien, Schweden und Tschechoslowakei. Insgesamt trafen 300 Arbeiten in Amsterdam ein, darunter Zeichnungen, Graphiken, Fotos, Malereien und Skulpturen von Größen wie Max Ernst, Paul Citroän, Ossip Zadkine, Fernand Léger, Georges Vantongerloo und Frans Masereel. Aus Deutschland wurden keine Arbeiten eingereicht, statt dessen nahmen jedoch viele im Exil lebende Künstler teil wie etwa die Mitglieder des in Paris gegründeten Kollektivs Deutscher Künstler mit Max Ernst und Otto Freundlich.

Mit der Eröffnung im August 1936 kam es zum Eklat. Der deutsche Konsul in den Niederlanden sprach von „Hetze“ gegen Deutschland und einer Beleidigung des deutschen Staatsoberhaupts. Vor allem am Dokumentationsteil nahm er anstoß. Intensiv setzte er sich bei der niederländischen Regierung für ein Verbot von „D.O.O.D.“ ein. Doch gegen den künstlerischen Teil konnte der Konsul nur wenig ausrichten. Der Großteil dieser Arbeiten war frei und apolitisch – die Kritik an den Nazis enthielten eher die Äußerungen der Künstler.

Insgesamt wurden dennoch neunzehn Werke als „deutsch- feindliches Material“ aus den Ausstellungsräumen entfernt. Darunter befand sich das „Zeitbild“ (1934) des Niederländers Harmen Meurs, auf dem ein Mann von der SA mit einem Hakenkreuz gebrandmarkt wird, sowie Karikaturen von Hitler und Goebbels oder Zeichnungen deutscher Gefangenenlager und Folterkammern. Die Zeichnungen schuf Karl Schweswig, der sechzehn Monate im Gefängnis saß und als einer der ersten die Greueltaten der Nazis im Bild festhielt. Harald Neckelmann

„Eine Kunstolympiade in Amsterdam – Rekonstruktion der Ausstellung D.O.O.D.1936“, bis 19. 5. im Gemeentearchief Amsterdam, Amsteldijk 67