Gerüchte um Tod des neuen Rebellenführers

■ Der Nachfolger von Dudajew soll getötet worden sein. Bei Gefechten zwischen Rebellen, sagt die prorussische Regierung

Berlin (taz) – Die Spekulationen über die neue Machtverteilung in der Führungsspitze der tschetschnischen Rebellen waren noch in vollem Gange, da machte gestern erneut eine Meldung aus der kriegsgebeutelten Kaukasusrepublik Schlagzeilen: Selimchan Jandarbijew, Nachfolger des vor einer Woche getöteten Rebellenchefs Dschochar Dudajew, soll tot sein. Das meldete die russische Nachrichtenagentur Itar-Tass und bezog sich dabei auf den Sprecher der prorussischen Führung Tschetscheniens, Ruslan Martagow.

Danach soll Jandarbijew in der Nacht zu Montag bei einem Schußwechsel in der Nähe von Urus- Martan, 30 Kilometer südwestlich von Grosny, umgekommen sein. Der Kommandeur der russischen Truppen in Tschetschenien, General Wjatscheslaw Tichomirow, konnte den Tod Jandarbijews zunächst nicht bestätigen. Seinen Informationen zufolge sei es bei Urus-Martan zu einer Auseinandersetzung zwischen tschetschenischen Kommandeuren gekommen. Später sei von einigen Tschetschenen die Nachricht vom Tod Jandarbijews verbreitet worden.

Die Möglichkeit, daß Jandarbijew tätsächlich ein Opfer innertschetschenischer Auseinandersetzungen wurde, ist so unwahrscheinlich nicht. Denn der 44jährige, der gleich nach seiner Ernennung die Fortsetzung des Krieges mit allen Mitteln angekündigt hatte, war unter den Rebellen nicht unumstritten. Zu seinen schärfsten Kritikern im engen Kreis der Führung zählen vor allem die beiden Militärchefs Schamal Basajew, der sich als legitimer Vertreter aller Tschetschenen in Fragen der Kriegsführung sieht, und Aslan Maschadow.

Während Basajew eher die härtere Linie gegenüber Rußland vertritt, wird Maschadow zu denjenigen gerechnet, die mehr oder minder loyal gegenüber den föderalen Truppen eingestellt sind und ein Ende des Krieges auf dem Verhandlungsweg anstreben. Weshalb Moskau auch am liebsten Maschadow nach dem Tod Dudajews an dessen Stelle gesehen hätte.

Der Vorwurf, daß die tschetschenischen Rebellen an einen der Ihren Hand angelegt haben könnten, wird auch in Zusammenhang mit dem Tod von Rebellenführer Dschochar Dudajew laut. Denn dessen nähere Umstände sind nach wie vor ungeklärt. Moskau weist alle Schuld von sich. Die russische Tageszeitung Nesavisimaja Gaseta hat da andere Informationen – eine gut unterrichten Quelle aus dem russischen Generalstab. Danach sei die Aktion sogar vom russischen Verteidigungsministerium selbst vorbereitet worden. Barbara Oertel