Unterschriebener Widerspruch

Die CSU will das Jugendzentrum KOMM schließen. Ein Bürgerentscheid steht ins Haus  ■ Aus Nürnberg Bernd Siegler

„KOMM bleibt KOMM – Basta!“ Unter dieser Losung sammelten die AnhängerInnen des selbstverwalteten Jugendzentrums „KOMM“ 13.000 Unterschriften, um das Zentrum mit einem Bürgerbegehren vor der Schließung durch den frischgewählten CSU- Oberbürgermeister Ludwig Scholz zu retten. Die Unterschriften werden heute übergeben.

Die Hälfte der Unterschriften hätte schon gereicht, um der CSU- Mehrheit im Stadtrat ersteinmal für zwei Monate die Hände zu binden und eine Schonfrist für das heftig attackierte Jugendhaus zu schaffen. In der Zeit wollen die Initiatoren noch 5.000 weitere Unterzeichner gewinnen. Dann steht einem Bürgerentscheid zum Erhalt des KOMM in der bisherigen Form nichts mehr im Wege.

Oberbürgermeister Scholz hatte schon im Kommunalwahlkampf keinen Zweifel daran gelassen, daß er den „häßlichen Schandfleck am Eingang der Stadt“ schnellstmöglich beseitigen und durch ein Künstlerhaus ersetzen wolle. Niemand hatte dies ernstgenommen, keiner glaubte an den Wahlerfolg der CSU, hatte doch die SPD seit 50 Jahren unangefochten den Oberbürgermeister und die Mehrheit im Rathaus gestellt. Die KOMM-Selbstverwaltung und der Trägerverein des Jugendzentrums reagierten auf Schpolz mit Ironie. „But who the fuck is Scholz?“ titelten sie die Ausgabe der KOMM-Zeitung kurz vor den Wahlen. Doch dann wurde Scholz im März überraschend Oberbürgermeister und die CSU zog als stärkste Fraktion ins Rathaus.

Gleich nach der Auszählung der Stimmen machte Scholz in einem Sofortprogramm klar, daß er nun „ruck, zuck“ ernstmachen wolle. Als erstes sollte die Selbstverwaltung gekippt werden und damit, so der städtische KOMM-Leiter Wolfgang Kischka, das „Herzstück“ des Zentrums. Clemens Gsell, der 34jährige CSU-Fraktionsvorsitzende, machte auch klar, warum: „Das Hausrecht, die Raum- und Mittelvergabe ist in den Händen der Selbstverwaltung.“ Dadurch sei aber das KOMM zur „Schaltstelle der autonomen Szene Süddeutschlands“ geworden. „Politische Gewalt und Intoleranz wollen wir in einem städtischen Jugendzentrum nicht haben“, betonte Gsell, denn die Mittel für das KOMM kommen aus dem städtischen Haushalt. Gsell gestand zwar zu, daß „die meisten Gruppen“ in dem Haus weiterarbeiten könnten, aber die Grundstruktur müsse geändert werden.

Für den langjährigen Kulturreferenten Hermann Glaser, unter dessen Ägide das KOMM 1973 eröffnet wurde, ist das KOMM ohne Selbstverwaltung jedoch „undenkbar“. Er appellierte an die neue CSU-Mehrheit, „im Wagnis das bisherige Modell weiterzuentwickeln“ und damit „ein Stück lebendiger Demokratie“ zu erhalten. Für die Initiatoren der Pro- KOMM-Kampagne ist die „Erhaltung der Selbstverwaltung das Hauptziel“, betont KOMM-Sekretär Norbert Schmidt.

Mit einer 56-seitigen Broschüre wollen sie die Arbeit des soziokulturellen Zentrums vorstellen: von der Seniorenarbeit bis hin zum autonomen Antifa-Plenum. 35 Gruppen arbeiten im Haus. Die Gesamtkosten für die Stadt belaufen sich auf 1,6 Millionen Mark. Bei 114.000 Besuchern im Jahr kostet damit „die Stadt jeder Kulturkontakt im KOMM nur 14,20 DM“, hat KOMM-Leiter Kischka errechnet.

Doch nicht nur preiswert wollen die KOMMler sein, sondern „basisdemokratisch, kreativ, parteilich, provokativ, berühmt und berüchtigt“. Mit den bislang gesammelten Unterschriften kann dies zwei Monate so bleiben. Schafft man insgesamt 18.000 Unterschriften und entscheidet sich dann, den Bürgerentscheid durchzuführen, hat OB Scholz samt seiner CSU- Mehrheit sogar bis zum 2. Dezember keine Chance, Hand an die Selbstverwaltung zu legen.