Eine „Schnupperreise“ mit bösen Konsequenzen

■ Eine Flüchtlingsfamilie auf Erkundungsfahrt in die Heimat: Das Haus bewohnt, im Transit gescheitert und um Tausende Mark ärmer wieder zurück in Deutschland

Kriegsflüchtlinge aus Bosnien- Herzegowina sollen die Möglichkeit bekommen, die Bedingungen für eine Rückkehr in die Heimat an Ort und Stelle selbst zu erkunden. So haben es die Innenminister von Bund und Ländern entschieden. Orientierungsfahrten, „Schnupperreisen“ – eine vernünftige Idee. Das dachte auch Niko Z. und machte sich mit seiner Familie von Göttingen aus auf den Weg. Ende April kehrte er zurück – um zehntausend Mark und viele Hoffnungen ärmer.

Zunächst ließ sich die Reise ganz hoffnungsvoll an. Im eigenen Auto passierte die Familie problemlos alle Grenzen und erreichte den Heimatort in der jetzt kroatisch verwalteten Region Busovaza. Dort fand Familie Z. ihr Haus sogar in bewohnbarem Zustand vor. Nur leider war es auch bewohnt, Flüchtlinge, aus anderen Regionen Bosniens vertrieben, hatten sich dort einquartiert.

Niko Z. wandte sich an die Ämter seiner Heimatgemeinde, um sich nach den genauen Bedingungen für eine endgültige Rückkehr zu erkundigen – und wurde dort als erstes zur Kasse gebeten. Weil er den Krieg im „goldenen Westen“ verbracht hatte, sollte er zur Strafe eine „Kriegssteuer“ zahlen: 6.000 Mark für dreijährige Abwesenheit. Zusätzlich verlangten die Behörden 1.000 Mark für die neuen Pässe – eine Strafgebühr, von der auch andere rückkehrende Bosnier berichten.

Niko Z. beugte sich der Willkür. Um die geforderte Summe zu begleichen, verkaufte er das Auto und machte sich mit Frau und Kindern per Bus auf den Weg zurück nach Deutschland. Die Reise endete abrupt an der slowenisch- österreichischen Grenze, denn Österreich verlangt von Transitreisenden aus dem ehemaligen Jugoslawien eine Aufenthaltsbefugnis für die Bundesrepublik, die mindestens noch drei Monate gültig sein muß. Die Göttinger Ausländerbehörde hatte der Familie Z. diese Befugnis jedoch nur für zwei Monate erteilt – so wie es ein Mustererlaß des Bundesinnenministeriums festschreibt. Mit dem zwei Monate gültigen Aufenthaltstitel ließen die österreichischen Grenzer die Z.s aber nicht passieren. Die vierköpfige Familie mußte den Reisebus verlassen, mit dem Taxi zurück zur nächstgelegenen Ortschaft fahren und sich ein Hotelzimmer nehmen.

Vor die Alternative gestellt, dort unbestimmte Zeit auf ein Visum für Österreich zu warten oder ohne Transit per Flugzeug nach Deutschland zu gelangen, zahlte Niko Z. schließlich 2.000 Mark für die Flugtickets. Insgesamt 10.000 Mark hat die Erkundungstour gekostet. Für Familie Z., die ernsthaft bereit war, in die Heimat zurückzugehen, steht nach diesen Erfahrungen eines fest: Dieses Bosnien-Herzegowina ist auf absehbare Zeit nicht das Land, in das sie heimkehren will. Vera Gaserow