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PKK-Chef will Deutsche in Frieden lassen

■ Abdullah Öcalan: Keine Selbstmordanschläge der Arbeiterpartei Kurdistans in der Bundesrepublik, aber in der Türkei wird der Krieg ausgeweitet. CDU-Rechtsaußen Lummer: Öcalan beim Wort nehmen

Mainz/Berlin (AFP/taz) – Der Chef der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), Abdullah Öcalan, hat versichert, daß es in der Bundesrepublik keine Anschläge durch Selbstmordkommandos seiner Organisation geben werde. In seinem ersten Fernsehinterview nach von deutschen Zeitungen veröffentlichten Ankündigungen von Attentaten bestritt Öcalan gestern im ZDF außerdem, jemals Morddrohungen gegen deutsche Politiker – unter anderem Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) und Außenminister Klaus Kinkel (FDP) – geäußert zu haben.

Zugleich kündigte er an, daß der „Krieg“ der PKK gegen wirtschaftliche und touristische Einrichtungen in der Türkei ausgeweitet werde. Öcalan schloß nicht aus, daß dabei auch ausländische Urlauber zu Schaden kommen könnten. Es werde aber keine gezielten Anschläge auf Touristen geben.

Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) begrüßte den Verzicht auf Selbstmordanschläge. Allerdings könnte es sich auch um eine Doppelstrategie handeln, schränkte er in der ZDF-Sendung Halb 12 ein. Öcalan dürfe nicht blind vertraut werden. Zugleich warnte er vor einer allzu schnellen Reaktion auf die Äußerungen Öcalans. Über eine Wiederzulassung der verbotenen PKK könne erst geredet werden, wenn nicht nur Krawalle, sondern auch kriminelle Delikte wie Schutzgelderpressung und Rauschgifthandel aufhörten. Außerdem dürfe nicht vergessen werden, daß die PKK in der Türkei nicht auf Gewalt verzichten wolle.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete und frühere Berliner Innensenator Heinrich Lummer sagte, er nehme Öcalan die Ankündigungen ab. Der PKK-Chef sei auf dem Weg, sich vom „Falken zur Taube“ zu wandeln. Der CDU- Rechtsaußen bestätigte seine mehrfachen Kontakte mit Öcalan, den er noch vor wenigen Tagen im Nahen Osten getroffen habe. Ziel dieser Kontakte, die er „im eigenen Auftrag“ unterhalte, sei es, dem Kurden klarzumachen, daß Gewaltaktionen in Deutschland der Sache seines Volkes nur schaden könnten. Lummer riet dazu, Öcalan beim Wort zu nehmen.

Öcalan versicherte, daß es in Deutschland nicht mehr zu gewalttätigen Ausschreitungen von seiten der PKK oder ihrer Anhänger kommen werde. Diese Gefahr sei vorüber. Sollte sein Volk von türkischer Seite allerdings weiterhin „unterdrückt“ werden, könne er auch in Deutschland „spontane Aktionen“ nicht ausschließen. Dafür trage dann aber nicht seine Organisation die Verantwortung. In dem Gespräch, das das ZDF nach eigenen Angaben in Öcalans Hauptquartier im Nahen Osten führte, betonte der PKK-Chef, daß seine Organisation den Dialog mit den Deutschen und der Bundesregierung suche. Er hoffe auf die Wiederzulassung der in der Bundesrepublik verbotenen PKK.

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