Das Ende der schwulen Brigitte

■ Am Lifestyle gescheitert: das schwule Magazin „Magnus“ wird eingestellt

You only live twice: Nur ein Jahr nach der Übernahme durch den Kölner Unternehmer Reiner Jackwerth wird das schwule Magazin Magnus eingestellt. Das Blatt habe „keine wirtschaftliche Perspektive“, teilte der Jackwerth Verlag am Mittwoch mit. Die verkaufte Auflage des 1989 gegründeten Blattes hatte zuletzt bei gerade mal 9.132 verkauften Exemplaren gelegen.

Sehr schnell scheiterte der Versuch, das einstmals homobewegte Blatt auf Lifestyle zu trimmen und Anzeigen von Markenartiklern zu akquirieren, die üblicherweise vor der gleichgeschlechtlichen Presse zurückschrecken. Jackwerth hatte aus der Zeitschrift, die nach dem Willen ihrer Gründer ein schwuler Spiegel sein sollte (aber immer eher eine schwule Brigitte war), einen schwulen Max machen wollen.

Doch die Verbannung der Schwänze und des expliziten Sex brachte nichts, weil die Auflage unten blieb. Ein Anzeigenverbund mit dem mehr auf Nacktes setzenden Konkurrenzblatt Männer aktuell aus dem Bruno Gmünder Verlag (verkaufte Exemplare 14.138) scheiterte. Glaubt man Kennern der schwulen Presseszene, wohl deshalb, weil er von den beiden Verlegern nicht wirklich gewollt war.

Die letzte Ausgabe von Magnus soll nun im Juni erscheinen. Am Markt bleiben werden jedoch drei andere Jackwerth-Produkte: das schon immer prosperierende Berliner Gratis-Stadtmagazin Siegessäule, die „Magnus“-Bücher und der „Magnus-Shop“, ein Versandhandel für schwule Accessoires.

Übernommen hatte der Jackwerth Verlag Magnus im Juni 1995. Das Magazin war in Konkurs gegangen, weil nach dem Gebührenskandal um den Telefonsex monatlich Anzeigen im Wert von 20.000 Mark ausblieben. Reiner Jackwerth, mit seinem Kölner Redaktionsbüro unter anderem für den Gustav Lübbe Verlag und die Kundenzeitschrift der Metro Handelskette tätig, soll mehr als eine dreiviertel Million Mark investiert haben. Ein neues Computersystem wurde angeschafft und neue Verlagsräume angemietet.

Die Auflage freilich überstieg nie die Werte des „alten“ Magnus. Rund 80.000 Mark pro Ausgabe soll der Verleger zugebuttert haben. Jackwerth hatte den Markt wohl zu optimistisch eingeschätzt, zumal immer mehr schwule Zeitungen und Zeitschriften als Gratis-Anzeigenblätter erscheinen.

Auch das Verhältnis von Verlag und Redaktion entwickelte sich nicht gerade prächtig – unter anderem deshalb, weil Jackwerth mit dem Kölner Sascha Suden einen neuen, nicht sehr erfahrenen Chefredakteur einsetzte, der zuvor nur sehr kurze Gastspiele als Redakteur bei Prinz, Max und dem Gratisblatt Berlin 030 gegeben hatte.

Fazit: 15.000 verkaufte Exemplare sind für ein schwules Magazin auf dem deutschen Markt wohl dauerhaft nur zu erreichen, wenn es auch Sex enthält (für alle, die mit Inhalten nicht zu locken sind). „Die Schwulen sind auch nicht besser als die Heteros“, meint dazu ein schwuler Journalist, der für Hetero-Medien arbeitet. „Guck' dir doch nur die Titten auf Stern und Spiegel an.“

Ein schwules Lifestyle-Blatt mit mehr Auflage ist außerdem wohl nur von einem Großverlag mit langem Atem zu machen. Dann allerdings um den Preis einer „heterosexuellen“ Aufmachung, wie das englische Beispiel Attitude zeigt. Politische Schwulenmagazine, die auf Lifestyle weitgehend verzichten, bleiben auf Mäzene und Gönner im Hintergrund angewiesen, wie die Beispiele des US-Blattes Advocate und des französischen Gay Pied bewiesen haben. Hans-H. Kotte