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Affen, Kunst und Ideologie

■ Lutz Dammbeck untersucht im Film den sozialistischen Realismus

Jeder bessere Affe kann moderne Kunst malen, darin waren sich West- und Ostwochenschau Ende der 50er Jahre einig. Und wenn das Versuchstier dann noch „Pablo“ heißt, bleibt dem heutigen Betrachter der alten Dokumente neben dem Amüsement der Verdacht, immer noch wäre für diese Meinung eine Mehrheit zu finden. Dem in Hamburg lebenden Lutz Dammbeck dient der malende Affe als Parabel für die antimoderne Kunstströmung dieses Jahrhunderts.

Der Filmemacher und Künstler – zur Zeit mit einem Kunstlabor Vertreter Hamburgs in der Ausstellung „Container 96 – Art across Oceans“ in Kopenhagen – befaßt sich in seinem Film Dürers Erben mit dem sozialistischen Realismus der Leipziger Schule zwischen 1945 und 1961. In Interviews, Filmdokumenten und durch collagenhafte Montagen verfolgt er die Wurzeln dieser Kunst im völkischen Gedankengut des Jahrhundertbeginns und dessen größenwahnsinniger Überhöhung im Hitler- und im Stalinstaat. Pikant ist, daß der 1986 aus der DDR übergesiedelte Dammbeck für seine Abrechnung mit dieser Strömung die Hochschule untersucht, an der er selbst von 1967-1972 studiert hat. Die einst mächtigen Malerfürsten, Dammbecks alte Lehrer, geben ihm nun in ihrer Banalität erschreckende Interviews. Werner Tübke sagt: „Ich lehne die moderne Kunst nicht ab, aber ich gähne dabei vor Langeweile“, reklamiert Dürer als sein Vorbild und erklärt sich ansonsten für unpolitisch. Abgesehen vom trotzigen Beharren gegen die neue BRD wird da ein beängstigender Mangel an Selbstreflexion sichtbar. Tübke und Bernhard Heisig waren immerhin die Gralshüter des zur Staatskunst erhobenen sozialistischen Realismus, den die Kulturfunktionäre mit passenden Künstlern dem westlichen Betriebssystem Kunst entgegensetzten. „Unsere Maler haben wieder malen gelernt. Vorbei die Zeiten, als nur der Kommentar des Malers klarstellte, ob das Bild eine Schüssel Tomatensalat oder eine Alpenlandschaft darstellen sollte“: Dies ist nicht DDR-Ton, sondern Propagandaminister Goebbels. Der Vergleich liegt indessen nahe: Auch in der Kampagne gegen den Formalismus in den 50er Jahren kehren die Worte „Entartung“ und „Zersetzung“ wieder und wird eine Kunst gefordert, die „national in der Form und sozialistisch im Inhalt“ sei.

Ihre ehrenwerte Sozialutopie stattete die DDR mit konservativ rückwärts gewandten Bildern aus. Noch heute fällt es Heinrich Witz leicht, sich als „Hofmaler des Bergbaukombinats Wismut“ zu bezeichnen. Spätestens nach dem Mauerbau konservierte sich in dieser Malerei ein angeblich deutsches Erbe, dessen Bruchstücke heute auch manchem von der Erschöpfung der Moderne redenden Zeitgeist wieder attraktiv erscheinen.

Da kann man nur empfehlen, Tübkes Bauernkriegspanorama in Bad Frankenhausen zu besuchen: Hier hat reaktionäre Pinselei eine Größe erreicht, die vor allem durch ihren theatralisch-fordernden Auftritt beeindruckt. Es ist gemalte große Oper zur leicht vermittelbaren Objektivierung einer Staatsideologie – und um das im Film zitierte Verdikt gegen Picasso umzudrehen: gute Malerei, aber schlechte Kunst. Hajo Schiff

„Dürers Erben“, Hamburger Erstaufführung heute, Metropolis 21.15 Uhr

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