Schiefe Wahrnehmung

■ Der Journalistinnenbund untersucht die Berichterstattung über Frauen

Berlin (taz) – Was soll ein Netzwerk von Journalistinnen leisten? Das diskutierten etwa 80 Mitglieder des Journalistinnenbundes im Rahmen ihrer Jahrestagung am Wochenende in Berlin.

Besonders die jungen Medienfrauen erwarten von der Organisation Unterstützung für ihre Karriere. Das ergab eine Umfrage in den 13 Regionalgruppen des Journalistinnenbundes. Anderen ist dies nicht genug. Sie wünschen sich offensivere feministische Strategien für die Medienpolitik. Eine Teilnehmerin erwiderte, die Zeit der „feministischen Heroinnen“ sei vorbei. Ein Generationenkonflikt, so wurde konstatiert. Ein paar hitzige Worte wurden gewechselt, aber in Grabenkämpfe artete die Diskussion nicht aus.

Es reiche nicht, ein Programm als sexistisch abzutun, meinte Inge von Bönninghausen, die Vorsitzende des Journalistinnenbundes und Frauenfunk-Redakteurin des WDR. „Wir brauchen ein besseres Handwerkszeug, um plausibel zu machen, was uns an den Medien ärgert.“ Dazu seien präzise Beobachtungen nötig, beispielsweise um feststellen zu können, wie oft in den ersten Minuten eines Krimis eine blonde Frauenleiche auftauche. Ohne das Bewußtsein immer wieder zu schärfen, würden solche Bilder leicht übersehen. Und nicht immer springen sie ins Auge, wie auf einer Konferenz zur neuen Euro-Währung im März in Brüssel. Dort wimmelte es an Finanzministern, Bankpräsidenten und Abgeordneten. Unter 500 Gästen habe sie nur 6 Politikerinnen erblickt, sagte Bönninghausen. „Kann es Zufall sein, daß fünf davon rot trugen?“

Im freien Journalismus ist jede/r zweite eine Frau. In Redaktionen nehmen Frauen jeden dritten Platz ein, erklärte Margret Lünenborg in einem Vortrag zur Medienpolitik. Die Frage sei, warum ändert sich trotzdem so wenig? Eine fast fertiggestellte Untersuchung der Berichte über die Weltfrauenkonferenz im letzten Jahr soll Antworten geben. Obwohl hauptsächlich Frauen aus Peking berichteten, hätten sich die klassischen Nachrichtenstrukturen durchgesetzt. Die „Frauenthemen“ seien untergegangen gegenüber der Verletzung der Menschenrechte in China, den Schikanen und Spitzeleien und den Interviews mit Prominenten. Karin Gabbert