Lachverbot und Stinkebohne

■ Wandmalerei: An den Streik der Kaffeeverleserinnen vor 100 Jahren erinnert der „Arbeitskreis Neue Frauenwandbilder im Hafen“ Von Hakeem Jimo

Hildegund Schuster, 41, malte noch eine Kaffeebohne aus, bevor sie gestern an der Großen Elbstraße 164 ihr Wandbild „Der Streik der Kaffeeverleserinnen 1896“ vorstellte. Die Malerin aus dem „Arbeitskreis Neue Frauenwandbilder im Hafen“ zeigt eine Verleserin, die mühsehlig „Stinkebohnen“ aussortiert. Aus einem Blechtrichter fallen ihr die Bohnen vor die Hände. Übersieht sie eine schlechte Bohne, beginnt die gesamte Auslese während des Röstens streng zu riechen, die Bohnen werden ungenießbar.

Die Folgen eines solchen Fehlers waren vor 100 Jahren drastisch: Lohnabzug, Strafgelder, Rausschmiß. Um Unregelmäßigkeiten auszuschließen, war Singen und Lachen bei Strafe verboten. Die Frauen mußten im Akkord und teils über elf Stunden pro Tag schuften, zu einem frondienstlichen Lohn. Der größte Kaffeespeicher Stucken & Andresen beschäftigte zeitweise über 550 Frauen. Exakt vor 100 Jahren organisierten hier Arbeiterinnen den ersten Streik im Hamburger Hafen, der als „weibliche Speerspitze“ des großen Werft- und Hafenarbeiterstreiks im November 1896 in die Geschichte einging.

Die Kaffeeverleserin ist das jüngste Bild in der Reihe „Frauenkultur und Frauenleben am Hafen“. Es markiert die sechste Station der insgesamt 13 geplanten Wandmalereien der Serie. In einer Freiluftgalerie entlang des Hafen bis nach Neumühlen erzählen schon jetzt sechs Gemälde von den Berufen und Schicksalen der Frauen und Mädchen im Hafen.

Die Projektgruppe „Neue Frauenwandbilder“ will an die Leistungen und Erfahrungen der Arbeiterinnen im Hafen erinnern. Die Gruppe knüpft an die junge Tradition des ersten Hamburger Frauenwandbildes „100 Jahre Frauenarbeit im Hamburger Hafen“ an, das beim Umbau des Fischmarktspeichers weichen mußte.

Nicht einfach ist die Suche nach weiteren Wandflächen. Dabei stießen die Initiatorinnen auch schon auf Ablehnung: Ein Hausverwalter befürchtete einen Mietpreisverfall durch die bemalte Mauer. Unattraktiv fand ein anderer Hausbesitzer das Thema „Reinigungsfrauen“ und griff zur wenig überzeugenden Ausrede: „Hier arbeiten gar keine Putzfrauen!“

Wandflächen frei? 39 25 51 oder 76103147: AK Neue Frauenwandbilder im Hafen