Stückgut und Container machen Miese

■ BLG: Neun Millionen Minus im ersten Quartal / 15-Punkte-Notprogramm des Vorstandes

Die Bremer Lagerhaus-Gesellschaft (BLG) schlingert nach einem Verlust von neun Millionen Mark im ersten Quartal 1996 tief in die roten Zahlen. Mit 4,7 Millionen Tonnen blieb der Umschlag der Häfen in Bremen und Bremerhaven um neun Prozent hinter den optimistischen Planvorgaben zurück. Aus den vergangenen vier Jahren schiebt die BLG einen Verlust von 35 Millionen Mark vor sich her.

„Wir verdienen nur noch mit dem Autoumschlag in Bremerhaven Geld“, sagt BLG-Sprecher Hartmut Schwertfeger. Stückgut und Container sind für die mehrheitlich stadteigene Aktiengesellschaft ein Zuschußgeschäft.

Mit einem 15-Punkte-Programm will der Vorstand nun die Notbremse ziehen. So erfuhren die Bremer Mitarbeiter am Sonntag in einer Betriebsversammlung, daß althergebrachte soziale Rechte der 3000köpfigen Belegschaft geopfert, die Verwaltung verschlankt und Arbeitszeiten flexibilisiert werden sollen, um die Kosten zu senken. Außerdem soll ein besser organisierter Vertrieb mehr Kunden an die Kajen locken.

Die Erträge sind jedoch in der Vergangenheit trotz wachsender umgeschlagener Mengen nicht gestiegen. Ob sich der Hafenbetrieb insgesamt lohnt, ist nicht zu sagen: Die Investitionen der Stadt in die Hafenanlagen, mit denen die BLG im Auftrag der Stadt operiert, unterliegen als Teil der öffentlichen Kameralistik keinerlei Kosten-Nutzen-Analyse, wie das Häfenressort einräumt.

Häfensenator Uwe Beckmeyer (SPD) schließt jedoch Konsequenzen etwa aus dem massiven Einbruch beim Stückgutverkehr in Bremen auf die Häfenpolitik aus. So werden weiter große Flächen für das Stückgut reserviert. An der Erweiterung des Neustädter Hafens wird festgehalten.

Um die Planzahlen bis zum Ende des Jahres wieder einzuholen, sollen die altgedienten BLG-Mitarbeiter jetzt laut 15-Punkte-Programm des Vorstandes auf die drei „Treuetage“ Sonderurlaub verzichten. Außerdem soll „Schmutzgeld“ nur noch für besonders dreckige Arbeiten gezahlt werden. Die Gewerkschaft ÖTV ist grundsätzlich bereit, über Einschnitte zu verhandeln. Auch der neue BLG-Arbeitsdirektor und Ex-ÖTV-Chef Holger Wohlleben hat den Vorstands-Plänen ebenso wie Aufsichtsrat Beckmeyer zugestimmt. Die meisten der Leistungen, wie etwa der 13-Uhr-Feierabend am Tag vor hohen Feiertagen, seien jedoch als Teil von Tarifverträgen für alle deutschen Seehäfen nicht verhandelbar, sagt ÖTV-Mann Rainer Müller.

Mehr noch als die aktuellen Lohnkosten drückt die BLG die Last der Vergangenheit, die durch den Abbau von 1500 Jobs in den vergangenen vier Jahren enorm gewachsen ist. 25 Millionen Mark muß die Gesellschaft dem Vernehmen nach jährlich für ihre 3000 Pensionäre aufwenden. Die BLG würde diese Kosten gerne auf die Stadt übertragen, um Handlungsspielraum zu gewinnen. Aber Aufsichtsrat Beckmeyer lehnt das kategorisch ab: „Die BLG muß dafür sorgen, daß sie das Geld für ihre Pensionszusagen auch verdient“. Rückstellungen, wie sie ein Privatunternehmen für die Altersversorgung gebildet hätte, gibt es nach Auskunft von Experten nicht.

In wenigen Tagen will Beckmeyer die Vertragsentwürfe vorlegen, mit denen die BLG AG in eine Kommanditgesellschaft (KG) überführt werden soll und einen Teil des bisher städtischen Anlagevermögens übertragen bekommt. Diese Konstruktion ändert jedoch nach Meinung der Hafenpolitiker Manfred Schramm (Grüne) und Jens Meier-Hedde (CDU) nichts an dem Dilemma: Der Einfluß der Politik wird bestimmend bleiben. Indirekt bestätigt Beckmeyer diesen Eindruck. Wenn das Anlagevermögen der BLG in die private Rechtsform der KG übergeht, wären Abschreibungen möglich, so könnten die Kosten dafür ins Geschäft einbezogen werden. „Wenn die BLG die Abschreibungen auch noch tragen müßte, sähe das Ergebnis noch schlechter aus“, sagt Beckmeyer. Möglich, daß ein betriebswirtschaftlich denkender Vorstand darauf verzichtet hätte. jof