Wenn der Instinkt versagt

■ 24-7 Spyz neuerdings mit fiesen Rock-Stilblüten

Crossover ist immer dann ekelhaft, wenn Bands aus den zwei Macho-Sparten Rock und Funk die Addition an Posen, Schwanzfixiertheit und Arschlochtum ziehen und sich selbst dabei fürchterlich ernst nehmen. Da wirken auch alle Trash-Witzchen und bunten Kostümierungen, die Crossover-Bands gern im Schilde führen, wie Arbeit an der Wurzel des Grauens.

Ziehen Bands die Wurzel an Energie der beiden mit der gebotenen seriösen Heiterkeit und unverkrampfter Leck-Mich-Haltung, dann kann das Ergebnis die Hitze einer gelungenen Kernfusion entwickeln. Red Hot Chili Peppers oder Livin Colour haben in ihren guten Momenten mit dieser Kampftechnik den Durchgang zur Rockgeschichte gegen die Massen der anstürmenden Zappel-Nullen verteidigt, Bands wie 24-7 Spyz aber durchgelassen. Warum? Weil jugendliche Selbstüberschätzung und flügelschlagende Ungeduld diese Band dahin brachte, auch noch viele andere Stile zu räubern und diese ab Harder Than You 1989 instinktsicher zu einem hohen Unterhaltungswert zu fügen.

Jetzt sind Jimi Hazel und Consorten nach diversen Krisen und Halbauflösungen erwachsen, und was mal frische Bastelwut war, ist inzwischen fettbäuchiger Eklektizismus. Auf 6, der aktuellen CD, trifft man auf Anklänge an Richie Blackmore's Rainbow, Stilblüten des Melodic-Rocks, ein verzerrtes Echo von Grunge a la Pearl Jam, ein bißchen falsch verstandene Doobie Brothers und eine Portion Biohazard. Daß daraus nur Ramsch und Schmock-Rock wird, ist umso leichter einzusehen, wenn man diese Partikel in einzelnen Stücken gemischt findet und sieht, daß das Endprodukt das „Mehr als die Summe seiner Teile“ ins Gegenteil verkehrt hat.

Mit manchen Dingen kann man eben nur älter werden, wenn man sie verstanden hat. Der reine Instinktmusiker ist dann geliefert und wird zum Greis, bevor er noch weiß, wie man eine Gitarre ohne Stimmgerät stimmt. 24-7 Spyz können nur noch ebenso verstockte Fans am Leben erhalten. Schade an sich. Till Briegleb

mit Earthcake: Do, 16. Mai, Fabrik, 21 Uhr