■ Väter machen Überstunden auf Kosten ihrer Kinder, auf Kosten ihrer Frauen, auf Kosten von Millionen Arbeitslosen
: Väter outen!

Jetzt wissen wir's endlich: Lady Di hat sich nur deshalb scheiden lassen müssen, weil die Queen als Mami total versagt hat. Wenn sich „drei Königskinder einer einzigen Familie innerhalb weniger Jahre tief in ihren Ehedschungeln verirren, kann man kaum noch von einem Zufall reden“, befindet Welt- Autor Fritz Wirth in einem langen Elaborat über die Krise im Hause Windsor. Queen Elizabeth habe „ihre familiären Pflichten“ ihrem Amt untergeordnet und „das Wort Familie bisher nur dann in den Mund“ genommen, „wenn sie von der ,Familie der Nationen‘ innerhalb des Commonwealth sprach“. Fazit: Sie „war in den letzten 40 Jahren eine wesentlich kompetentere Königin denn Mutter“.

Genau: Wenn sie ihren Charles ein bißchen mehr liebgehabt hätte, dann hätte der auch seine Lady Di mehr liebhaben können, statt der Hexe Camilla hörig zu werden, nur noch von einem einzigen Wunsch besessen: ihr Tampon werden zu wollen. Die Mütter sind an allem schuld! Wenn Herr Wirth ein wesentlich kompetenterer Vater denn Journalist wäre, hätte er vor dem Schreiben innegehalten. Wenn er aber ein wesentlich kompetenterer Journalist denn Vater wäre, ebenfalls. Wer nichts wird, wird Wirth? Man muß sich umgekehrt mal vorstellen, eine Journalistin hätte mit den gleichen Argumenten dem Erzeuger Kaiser Wilhelms II vorgeworfen, er hätte gegenüber seinem Ältesten seine Vaterpflichten vernachlässigt. Die Journalistin wäre in einem Meer von Lächerlichkeit versunken.

So einfach ist das: Die Mütter sind an allem schuld, weil ihnen die Kinderaufzucht obliegt. Sie sind schuld, wenn das Produkt ihrer Erziehung nicht überzeugt, und sie sind erst recht schuld, wenn sie sich dieser Aufgabe verweigern.

Diese Überzeugung wird just in einem Land breitgetreten, in dem die Schuld der Väter historisch unübersehbar ist. Eine der vielen Ursachen, die zur nationalsozialistischen Massenbewegung führten, heißt Erziehung zur Unterwerfung, und die Verantwortung dafür tragen nicht die Mütter, sondern die Väter. Diese, meist abwesend, und wenn anwesend, dann betont streng und autoritär, verwehrten ihren Söhnen jede Möglichkeit, sich mit einem positiven Vorbild zu identifizieren. Die so Vernachlässigten begannen bald, Männlichkeit mit kruppstahlhartem Kriegertum zu verwechseln. Ein Phänomen, das leider auch in der Moderne zu besichtigen ist, ob beim Pogrom in Hoyerswerda oder bei Skinheadkrawallen. Es sind die vaterlosen Gesellen, die am heftigsten die Fremden hassen und am schnellsten zuschlagen.

Autoritäre Charaktere kennen kein Mitleid, sondern nur Selbstmitleid, schreibt die US-amerikanische Psychoanalytikerin Jessica Benjamin. Die Gewalttätigkeit dieser Menschen gegenüber Schwächeren, ihre Unterwürfigkeit gegenüber Führerfiguren, hätten ihre Wurzeln in der fehlgegangenen Identifikation mit jenem Geschlecht, das das Kind als das großartige, starke, einflußreiche sieht. „Was Freud als Penisneid bezeichnete, nämlich die männliche Orientierung des kleinen Mädchens, reflektiert in Wirklichkeit den Wunsch von Kindern beiderlei Geschlechts, sich mit dem Vater zu identifizieren, der als Repräsentant der Außenwelt erlebt wird“, heißt es in ihrem Bestseller „Die Fesseln der Liebe“. „Das Kind idealisiert den Vater, denn der Vater ist jener magische Spiegel, der das Selbst so spiegelt, wie es sein möchte, das Ideal, in dem das Kind sich selbst wiedererkennen will.“ Wenn diese Idealisierung aber weder glücklich durchlebt noch später glücklich wieder aufgelöst werden kann, dann bleiben emotional verstümmelte Menschen zurück, die sich erst dann erlöst fühlen, wenn sie sich einem peitschenschwingenden Gebieter unterwerfen.

Väter! Ihr habt es in der Hand, ob in eurer Stube ein Goethe oder ein Goebbels, ein Schöngeist oder ein Schönhuber heranwächst! Und was tut ihr? Gerade mal 1,3 Prozent derjenigen, die Erziehungsurlaub in Anspruch nehmen, sind männlich. Gerade mal 2,9 aller Männer haben kinderfreundliche Teilzeitjobs, im Vergleich zu 33,3 Prozent der Frauen. Wenn das Weib daheim ist, um zu kinden und zu kegeln, dann ist die beste Zeit, findet der deutsche Michel, um ranzuklotzen. Nie zuvor hat er so viele Überstunden runtergerissen wie nach der Geburt seines Kindes. Der typische deutsche Vater, schreiben die Autoren Michael Bode und Christian Wolf in ihrem Buch „Still-Leben mit Vater“, habe Angst vor der ungewohnten Verantwortung gegenüber seinen Kindern und entziehe sich dieser durch Arbeit. Dabei gibt er dann am liebsten vor, sich doch gerade für seinen Nachwuchs krummzuschuften, damit „die Kinder es mal besser haben“. Erst sehr viel später, wenn die Kinder aus dem Haus gehen oder sich sogar bewußt von ihren Erzeugern abwenden, zerfließen viele dieser Rabenväter in Reue. Plötzlich sehen sie klar, welche Chancen sie vertan haben.

Teilzeitarbeit für Väter würde allen helfen: den Vätern und ihren Kindern, weil sie endlich Zeit füreinander hätten; den Müttern, weil sie entlastet würden; den Arbeitslosen, weil sie wieder auf einen Job hoffen könnten. Hunderttausende von neuen Arbeitsplätzen könnten auf diese Weise geschaffen werden. Aber auch Gewerkschaften, Personal- und Betriebsräte vertreten fast durchgängig männliche Standespolitik und machen keinen Finger krumm, um widerständige Männer in Teilzeitjobs zu locken. Am Männlichkeitswahn, sich im Betrieb ganztags unentbehrlich zu finden, ist auch die Neuaufteilung der bezahlten Arbeit im VW- Stammwerk Wolfsburg, mit der Massenentlassungen vermieden werden sollten, weitgehend gescheitert. Es sind keineswegs nur die profitgierigen Unternehmer, die solcherart „Bündnis für Arbeit“ platzen lassen, es sind die stinknormalen Proletarier selbst, die sich dem verweigern.

Also muß man sie durch gesellschaftlichen Druck dazu zwingen: durch massenhaftes Outing. Wer durch Überstunden auffällt, wird jeden Morgen penetrant nach dem Wohlergehen von Frau und Kindern gefragt. Wer befördert werden will, muß beantworten, wie er das mit seinem Familienleben vereinbart. Und wer solcherart Maßnahmen autoritär und fies findet, dem wird entgegengehalten, wie harmlos das alles noch sei. In der Sowjetunion wurden diejenigen, die in ihren Betrieben als Alkoholiker auffielen, per Konterfei öffentlich gebrandmarkt. So geht's natürlich nicht, aber folgende Vorstellung ist doch verführerisch: Hunderte von Fotos verantwortungsloser Väter in der Fußgängerzone von Castrop-Rauxel. Und mittendrin Prince Philipp, der Papi des unglücklichen Charles. Ute Scheub