Rechtsstaat Brasilien?

■ Präsident Cardoso kündigt Reform des Justizsystems an, Kongreß blockiert

Rio de Janeiro (taz) – Mit einem nationalen Plan für Menschenrechte will Brasiliens Präsident Fernando Henrique Cardoso die Umwandlung Brasiliens in einen Rechtsstaat vorantreiben. Am Montag stellte Cardoso der Öffentlichkeit ein Programm mit 168 Reformvorschlägen vor, die den Schutz von Minderheiten, eine Reform des Justizsystems sowie eine Zivildienstpflicht vorsehen. Die Verwirklichung des Menschenrechtsplanes hängt allerdings zum großen Teil vom brasilianischen Kongress ab.

Cardoso räumte bei einem Treffen mit Vertretern der Menschenrechtsorganisation amnesty international ein, daß in Brasilien nach wie vor Menschenrechte verletzt werden. „Was mich schmerzt, ist nicht nur die Tatsache, daß Menschenrechte weiterhin mißachtet werden, sondern die Straffreiheit für die Verantwortlichen“, erklärte der Präsident. Zu den Reformvorschlägen gehören der Schutz von Minderheiten wie Indianer und Afro-Brasilianer. Schwarze Brasilianer, die bis jetzt nur fünf Prozent der Studenten an Brasiliens Universitäten ausmachen, sollen künftig über ein Quotensystem mehr Plätze zugesichert bekommen. Die rund eine Million Brasilianer, die jährlich vom Militärdienst befreit werden, sollen in Zukunft einen Zivildienst im sozialen Bereich leisten.

Ein entscheidener Punkt der Justizreform wurde jedoch in der vergangenen Woche vom brasilianischen Senat blockiert. Ein Gesetzesentwurf, der die Zuständigkeit von Zivilgerichten für Militärpolizisten vorsieht, scheiterte an der konservativen Mehrheit im Senat. Bisher genießen Brasiliens Militärpolizisten das Privileg, bei etwaigen Vergehen grundsätzlich vor die Militärgerichte zu kommen. Astrid Prange

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