Chance für Rot-Grün

■ Koalitionsvertrag in Kiel präsentiert. Nachbesserungen in letzter Sekunde

Kiel (taz) – Die rot-grüne Koalition in Schleswig-Holstein ist noch nicht gezimmert, da kracht es bereits im Gebälk. Eigentlich wollten die Chefunterhändler gestern um 12.30 Uhr den 88 Seiten langen Koalitionsvertrag präsentieren. Doch dann wurde die Pressekonferenz um anderthalb Stunden verschoben. Fünf Tage nach dem Abschluß der Verhandlungen mußten noch schnell „Einzelheiten“ geklärt werden.

Der Start des Regierungsbündnisses steht unter keinem guten Stern, auch wenn gestern der Vertrag dann medienwirksam von 22 Anwesenden der insgesamt 24 Unterhändler unterschrieben wurde. Bei den „Einzelheiten“ handelte es sich vor allem um die Ministeriumszuschnitte und das Personaltableau, die am Ende der Verhandlungen am frühen Freitag morgen für die Grünen wohl mit zu heißer Nadel gestrickt worden waren. Da wurde für ganze Abteilungen nachgebessert. Nicht ganz zufrieden waren die Grünen mit den ihnen zugewiesenen Ministerien: dem Umweltministerium ohne weitere Kompetenzen und dem um Wohnungsbau, Familie und Jugend erweiterten Frauenministerium sowie einem dritten Staatssekretär im SPD-Ministerium Finanzen und Energie.

Provinziell wirkte gestern nicht nur die Nachbesserei, sondern auch, daß Ministerpräsidentin Heide Simonis vier Wochen nach der Entscheidung für Rot-Grün ihre Mannschaft nicht zusammenbekam. Sie stieß dem Vernehmen nach auch bei Mitgliedern des bisherigen Kabinetts auf Protest, als sie, um ein Ministerium einzusparen, willkürlich Bereiche des Kultusministeriums auf das Innen-, das Wirtschafts- und das Bildungsministerium verteilen wollte.

Erst nachdem beide Parteitage am 18. Mai ihre endgültige Zustimmung geben, will Simonis Namen und Zuschnitte für die Sozialdemokraten präsentieren. Aber auch bei den Grünen ging es in den letzten Tagen wegen der Personalien drunter und drüber. Nachdem die schleswig-holsteinische Bundestagsabgeordnete Angelika Beer auf das Frauenministerium wegen des Zuschnitts verzichtet hatte, begann hinter den Kulissen ein hektisches Suchen nach geeigneten Kandidatinnen. Zumal die nach Beer zweite Topkandidatin, die Lübecker Frauenbeauftragte Angelika Birk, in den eigenen Reihen nicht favorisiert wurde. Böse Zungen behaupten, mangels Alternativen habe sich die 41jährige breitschlagen lassen, das Amt trotz der Widerstände übernehmen zu wollen. Als Umweltminister wird der Bundestagsabgeordnete Rainder Steenblock vorgeschlagen, als Energie-Staatssekretär der Landtagsabgeordnete Willi Voigt. kek