Gelatine-Streit zieht sich

■ Exportverbot für britische Rinderprodukte auf Messers Schneide

Brüssel (taz) – Der Kampf um die britische Gelatine geht weiter. Die Lockerung des Exportverbots für das Geliermittel sowie Talg und Rindersperma hat inzwischen eine politische Bedeutung erlangt, die in keinem Verhältnis mehr zur ökonomischen Relevanz der betroffenen Branchen steht. Bei den besonders umstrittenen britischen Gelatinefabriken arbeiten nur rund 500 Menschen.

Eigentlich sollte gestern alles ganz schnell gehen. Der Ständige Veterinärausschuß, in dem alle Mitgliedsstaaten der EU vertreten sind, hatte sich bereits am letzten Mittwoch auf eine Lockerung des seit März bestehenden Exportverbots zubewegt. Im Verlauf des Vormittags überlegten aber neben Österreich und Spanien plötzlich auch wieder Belgien, Portugal und Griechenland, mit den skeptischen Deutschen zu stimmen. Bei Redaktionsschluß stand die Diskussion „auf des Messers Schneide“, wie es in österreichischen Delegationskreisen hieß.

Vordergründig geht es dabei um die wissenschaftliche Kontroverse, ob Rindergelatine nur dann sicher sei, wenn das Rohmaterial (Häute und Knochen) aus Gegenden mit geringer BSE-Belastung stamme. Laut der Gegenposition, auf die sich auch die Kommission zu stützen versucht, reicht es aus, wenn bei der Gelatine-Herstellung bestimmte Vorsichtsmaßnahmen eingehalten werden.

Tatsächlich dürfte der Gelatinestreit jedoch vor allem dazu benutzt werden, von den Briten eine striktere Ausgestaltung ihres selektiven Schlachtprogrammes zu erzwingen. Erst gestern morgen legte Landwirtschaftsminister Douglas Hogg eine neue Version des britischen Plans zur Ausmerzung besonders gefährdeter Rinder vor. Statt 42.000 Rindern sollen nun 80.000 Tiere dran glauben.

Wie die Veterinärexperten diesen Vorschlag bewerten, war zunächst noch völlig unklar. Parallel zur Sitzung des Veterinärausschusses trafen sich gestern nachmittag auch die Agrarminister der Union. Hauptpunkt auch im Ministerrat: der Rinderwahnsinn. Christian Rath