Stille Post

■ Geflüstertes aus Kultur & Gesellschaft

Die Väter – realiter oder in guter Hoffnung – konnten es sich kaum besser wünschen. Die Sonne lachte laut zu den in alle Winde ausgeschwärmten Männer-Scharmützeln, die freudig kundtaten, wie gern sie Väter sind und werden. Christi Himmelfahrt zog eindeutig den Kürzeren vor dem siebten Himmel, in den sich die Väter dank mitgeführter Spirituosen bugsierten. Aus den Gartenwirtschaften scholl es lauthals, und auf den stadtnächsten Blockland-Deichen war's dicht wie nie. Wildfremde Väter grüßten sich freudig, einander in ähnlichen Umständen vermutend, und weithin tönte die Devise eines beschwingten Radlers: „Keine Nullrunde! Keine Nullrunde!“

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Wohin solche Vatertagsgelage führen können, in den Suff nämlich, war dann abends im „Schauburg“-Kino zu erleben. Dort lief der allseits gepriesene Trinkfilm Leaving Las Vegas vor äußerst nüchternem und überschaubarem Publikum. Wie in Funk & Fernsehen lautstark angekündigt, brillierte Haupttrinker Nicolas Cage in allen Facetten des method acting. Mal heiter, mal wolkig, mal tief zerknirscht gibt er uns hier den sterbenden Säufer – umsonst: die kleine Bremer Zuschauerzahl war not amused. Möglich, daß allein schon das Thema die Publikumsmassen vom Kinobesuch abhält. Den adretten Yuppies der Beck's-Werbung schaut man im Fernsehn ja gern beim Bechern zu. Aber Eintritt zahlen, um in Großaufnahme echt zerstörte Trinkervisagen zu sehen, die jeden Fusel in sich hineinschmettern, ganz ohne Feinschmeckermiene, ohne Markenbewußtsein, unrasiert und ungeniert? Nein, wirklich nicht. Darauf einen Dujardin. taz