Schöne Worte für Mandela

■ Aber über die unrühmliche Vergangenheit redet keiner

Nelson Mandela wird gefeiert in Deutschland. Das war nicht anders zu erwarten, und es gebührt ihm wie keinem anderen. Trotz des peinlichen Widerstandes der CSU durfte er im Bundestag sprechen – eine besondere Ehre. Wo er hinkommt, hört Südafrikas erster schwarzer Präsident freundliche Worte. Von der Vergangenheit, von der unrühmlichen deutschen Südafrikapolitik, ist dabei nicht die Rede. Nicht immer war Mandela in Bonn so wohlgelitten wie heute.

Noch während der 80er Jahre galt er CDU und CSU als suspekter Anführer einer marxistischen Terrororganisation, die nur ein Ziel hatte: von Moskau gesteuert den Vormarsch des Weltkommunismus in Afrika voranzutreiben. Auch die Vorgänger in der sozialliberalen Koalition, die offiziell die Verletzung der Menschenrechte anprangerten, setzten das nie in Politik um. Strategische Interessen waren wichtiger als Moral. Nie hat sich die Bundesrepublik an die Wirtschaftssanktionen gehalten, denn am Kap der Guten Hoffnung ließ sich auch zu finstersten Apartheid-Zeiten viel Geld verdienen. Als das Mitte der 80er Jahre nicht mehr opportun war, suchte man sich flugs einen Alibi-Schwarzen, den heutigen Innenminister und Inkatha-Chef Buthelezi. Ungeachtet der immer neuen Enthüllungen über seine Kollaboration mit dem Regime werden seine Partei und deren Mordbanden bis heute mit deutschen Steuergeldern unterstützt.

Wenn heute von den guten Beziehungen der Deutschen zu Südafrika die Rede ist, ist der hohe Gast damit meist nicht gemeint. Das weiß Mandela, doch zornige Worte, wie etwa Israels Präsident Weizmann im Bundestag, konnte er sich nicht leisten. Mandela, bei dem deutsche Politiker viel lernen könnten über den Umgang mit der Vergangenheit und über gesellschaftliche Versöhnung, kommt als Bittsteller. Um die Erblasten der Apartheid zu bewältigen, braucht Südafrika Hilfe. Im Vordergrund des Besuchs stehen deshalb die Wirtschaftsbeziehungen. Die Politik der Bundesregierung im südlichen Afrika, das war schon bei Kohls Besuch überdeutlich, beschränkt sich nur darauf. Mehr als das und eben die freundlichen Worte sind von den Gastgebern nicht zu erwarten. Worte der Reue über die Vergangenheit bleiben eine innersüdafrikanische Angelegenheit. Kordula Doerfler, Johannesburg