Bißchen unlogisch

■ Von der Goldkammer bis zum Bleikeller: Bremens Attraktionen sind nur nach dem Zufallsprinzip geöffnet/ Pfingsten erlebten Touristen eine Odyssee

Bremen braucht Bremenbesucher. Kaum eine Anstrengung bleibt unversucht, um die Sache zu befördern. Der alte Verkehrsverein heißt jetzt schnittig „Bremer-Touristik Zentrale“ (BTZ); die Pressestelle des Senats denkt tüchtig über ein Marketing-Konzept nach, das die Attraktivität der heimischen Kulturhäuser verbessern soll. Bremenbesucher, die nun – sagen wir: am Pfingstmontag – am Infobudchen der BTZ (geöffnet bis 15.30 Uhr) eine kostenlose Bremenbroschüre des Senats ergatterten und dort auf dem Titelblatt lasen: „Bremen – historisch – weltoffen“, um dann flugs in die weite Welt der Bremer Kulturstätten zu eilen – diese Gäste mußten sich reichlich veralbert vorkommen. Vom Bleikeller bis zur neuen, kräftig beworbenen Goldkammer-Ausstellung des Überseemuseums waren viele Attraktionen nur kurz oder gar nicht zu sehen. Ein Eindruck, der sich an jedem beliebigen Feiertag bestätigen dürfte: Absprachen über Öffnungszeiten sind unter den Kulturhäusern Glückssache, eine übergreifende Planung existiert nicht. Bremen: weltoffen, aber vorübergehend geschlossen.

„Nichts ist frustrierender, wenn ein Regentag ist und man kann nirgends hingehen“, sagt Ursel Buchtzik, Chefin der BTZ, über die zurückliegenden Pfingstfeiertage. „Da ist es doch gut, wenn an beiden wenigstens jeweils etwas geöffnet hat.“ Nur was, das müssen die Touristen schon ganz genau erfragen. Denn welches Institut wann feiertags für eventuelle Besucher öffnet, das entzieht sich jeglicher Systematik. Im Überseemuseum, das in seinem Jubiläumsjahr auf besonders viele Gäste hofft, war Ostersonntag geschlossen und dafür Ostermontag geöffnet, Pfingsten allerdings genau umgekehrt. „Ein bißchen unlogisch vielleicht“, räumt die Pressestelle ein. Aber man halte sich ja nur an die Vorgabe der Behörde, „die gilt für alle“.

Bzw. nur fast alle. Die Kunst im Neuen Museum Weserburg war an beiden Tagen, aber erst ab 14 Uhr zu besichtigen. Ebenso das Dommuseum und der Bleikeller, dessen Besuch besonders gut getimed sein will: Nur drei Stunden täglich ist die Gruft geöffnet. Auch unter den drei Museen, die als nachgeordnete Dienststellen dem Museumsreferat der Stadt unterstehen, herrscht keine rechte Einigkeit. Am landesweiten „Mühltentag“ hatte das Fockemuseum seine Mühle „selbstverständlich“ geöffnet. Und von einer behördlichen Regelung weiß auch die Leiterin des Paula Becker-Modersohn-Hauses nichts: Sonntag war Paulas Kunst geschlossen, Montag zu sehen. Gleichwohl „wäre es sinnvoll, wenn das einheitlich geregelt wird“, sagt Maria Anczykowski. Da darf sie auf die Mithilfe der Bremer Kulturbehörde nicht rechnen.

Denn dort denkt derzeit niemand an eine bessere Koordination der Kulturtermine. „Richtlinien gibt es nicht“, heißt es im Museumsreferat. Auf Nachfrage erinnert man sich an eine zehn bis zwölf Jahre alte „Empfehlung“ an die Museen: Diese möchten ihre Läden doch bitte nicht alle am selben Tag geschlossen halten, „wenn es personell machbar ist“. Neue Empfehlungen seien nicht in Arbeit. Vielleicht im Rahmen des neuen Marketing-Konzepts der Senatspressestelle. Aber die Personallage in den Bremer Museen werde sich nun mal auf absehbare Zeit kaum ändern. Die Häuser sollen zwar „zusehen, daß sie so oft wie möglich öffnen“, erklärt Behördensprecherin Erika Huxhold. Aber auch die Interessen des Museumspersonals wollen gewahrt sein.

Die Kollegen der Hamburger Kulturbehörde haben dafür eine etwas einfachere Formel. „Je öfter ein Haus geöffnet hat, desto mehr Eintrittsgeld kommt herein“, sagt Pressesprecher Ingo Mix. Und so haben sich die Direktoren der sieben staatlichen Museen geeinigt, ihre Besucher einfach an beiden Pfingsttagen willkommen zu heißen. Von 10 bis 18 Uhr.

Was den Bremer Kulturhäusern in der Zeit verloren ging, läßt sich beziffern. 2196 Besucher kamen am Sonntag ins Überseemuseum, um die Gold- und sonstigen Schätze des Hauses zu besichtigen – am Montag standen viele vor verschlossenem Portal. Selbst im relativ kleinen Gerhard-Marcks-Haus zahlten am Sonntag über 200 Besucher, um die neue Bauhaus-Ausstellung zu sehen. Man profitiere auch von den Besuchern der benachbarten Kunsthalle – die ist bekanntlich zwei Jahre lang wegen Sanierung gänzlich geschlossen.

Aber die Rechnung geht nicht immer auf. Das Neue Museum Weserburg, bemüht um mehr Bekanntheit im Lande, bot an beiden Pfingsttagen je 15 Aufsichtskräfte auf. Am Sonntag kamen 69 zahlende Gäste, am Montag derer 46.

Um das Geschäft anzukurbeln, müßten die Weserburger und die übrigen Kulturhäuser den Bremer Gästen wahrscheinlich doch mal einheitliche Zeiten bieten. „Sicherlich ein Fall für das Stadtmarketing“, sagt auch Frau Huxhold. Bisdahin müssen die Bremenbesucher noch ein paar Runden um den Roland drehen. Der ist, bis auf weiteres, ganzjährig geöffnet. tw