■ Standbild
: Tüchtige „Nachkrieger“

„Die Erben“, Montag, 21.45 Uhr, ARD

Einmal mehr hat Gero Gemballa einen hot spot der bundesdeutschen Kultur aufgetan: die Erben. Im Minutentakt stellt er uns prassende, streitbare, sparsame und kreative Erben vor. Sein nach allen Seiten offener Film regt zum Nachdenken an: Erst noch sind Erben nette Menschen, denen aber nach dem Ableben ihrer Eltern die Wollust, der Sinn für die Kunst (das Töpfern), die überzeitliche Moral und der Zinseszins das Gesicht ganz übel zerfurchen. Dabei galten sie bisher nur als fröhliche Randtruppe, die in Villen und auf Mallorca ein Dasein fristet, das jeder Beschreibung spottet.

Nun aber hat Gero Gemballa herausgefunden, daß in Deutschland jede Stunde, auch durch Erbschaft, ein weiterer Millionär entsteht. Und wie sein Film zu belegen versuchte: Die Truppe der Erben gerät langsam außer Rand und Band. In Presseberichten stand zu lesen, daß in den nächsten zehn Jahren jeder dritte Bundesbürger eine Million Mark erben wird. Da wird sich der Fiskus freuen, so Gemballa, weil Millionenvererber allgemein als dumm gelten und vererben, statt steuergünstig zu schenken und zu stiften.

Anscheinend ein Vorurteil: Die meisten waren eben nur tüchtige Arbeitsmenschen, die es mehr in den Händen als im Kopf hatten. Sie nannten sich selbst die „Nachkrieger“, und man sollte nicht übel von ihnen reden, auch wenn sie zur Zeit auf die Erde fallen wie das Korn unter der Sense.

Gero Gemballa hat ihnen ein Loblied gesungen, indem er fragte, was wir ohne unsere „Nachkrieger“ machen werden. Wir wissen nur: Wir werden erben. Und dann? Der konsequent noninformative Nekrolog von Gemballa hilft uns da auch nicht weiter.

Zwar ließ er noch einen von uns sagen, daß man „untätigen Erben die Hand abschlagen soll“. Aber was sollen wir dann tun mit nichts anderem als unseren hübschen Köpfchen?

Gott sei Dank gibt es auch Pioniere der Erbschaft, Erben, wie den von Otto. Der sagte uns: „Geld ist auch Nebel.“ Und so wird wohl ein Drittel von uns in Nebelschwaden einander erraten. Mit Goethe könnten wir uns erkennen: „Was du ererbst hast von den Vätern, erwirb es, um es zu besitzen.“ Oder A.O. Weber: „Was du ererbst hast von deinen Vätern, versetz' es, um es zu genießen.“ Auf alle Fälle wird es hübsch spannend werden. Marcus Hertneck