Preis für zwanzig Jahre Sehnsucht

■ Wie der Zufall zu einem Staatspreis führt: Peter Koj, Portugal-Fachmann aus Hamburg, erhält heute vom portugiesischen Staatspräsident einen Kulturpreis

In der geräumigen Ottenser Wohnung sieht es ein wenig zusammengewürfelt aus: Poster neben Malerei und Fotos, Kunsthandwerk von Töpferware bis hin zu einer muschelbesetzten Kitsch-Kollektion, auf den Tischen liegen literarische Klassiker und neue Krimis. Aber das Wirrwarr hat System – alles ist aus Portugal. „Unsere Wohnung haben wir als eine Art portugiesisches Heimatmuseum gestaltet“, sagt Peter Koj. Und auch in seinen Gedanken und Taten steht Portugal fast immer an erster Stelle.

Wie es sich für eine so innige Liebe gehört, lernte Koj den Gegenstand seiner Leidenschaft durch eine Fügung des Schicksals kennen: Vor gut zwanzig Jahren bewarb sich der promovierte Philologe um eine Lehrerstelle im Ausland und landete 1976 „rein zufällig“ an der Deutschen Schule in Lissabon. Heute weiß er, daß dies sein großes Glück bedeutete.

„Die Revolution war ja noch sehr nah, es herrschte großer Idealismus, und vor allem war es eine Zeit, in der nicht rumgeprotzt wurde“. Der 57jährige gerät ins Plaudern: von den Tricks, die nötig waren, um Milch für die Tochter zu organisieren, von der „Lebenstüchtigkeit“ der Landfrauen, von Wanderungen im Gebirge und engen Freundschaften, hauptsächlich mit „eher einfachen Menschen“. Zur Illustration dieser Worte steht neben ihm die Vase mit der roten Nelke.

Doch generell ist die Schwärmerei nicht Peter Kojs Sache. Im Gegenteil: Hart und voller Ernst arbeitet er an seinen Projekten. Und weit häufiger als jede freie Minute setzt er sich für ein besseres deutsch-portugiesisches Verständnis ein: Er ist im Vorstand zweier deutsch-portugiesischer Kulturvereine, unterrichtet neben Französisch, Englisch und Schwimmen auch Portugiesisch am Gymnasium Hochrad, ist Beauftragter für Portugiesischprüfungen am Studienkolleg, organisiert Schüleraustauschprogramme und veröffentlicht regelmäßig Aufsätze zu portugiesischen Themen. Besonders mit seinen Arbeiten zur Geschichte der Altoaner Sephardim, die vor allem im 17. Jahrhundert sehr einflußreiche portugiesisch-jüdische Gemeinde, machte er sich einen Namen.

Heute verleiht die „Fundacao Casa da Cultura de Lingua Portuguesa“ („Stiftung für die Pflege portugiesischsprachiger Kultur“) in Porto zum zweiten Mal ihren bedeutenden Preis für die Pflege und Verbreitung der portugiesischen Sprache und Kultur. Illustre Repräsentanten aus Kultur, Wirtschaft und Wissenschaft haben Peter Koj einstimmig unter zahlreichen Bewerbern aus Europa, Afrika und Amerika ausgewählt. Die Auszeichnung nebst einer Million Escudos (rund 10.000 Mark) überreicht Staatspräsident Jorge Sampaio höchstpersönlich.

Wie fühlt man sich da? Die diplomatische Antwort läßt Stolz nur indirekt erkennen: „Nun, es ist schon ziemlich ungewöhnlich, daß ein Deutscher einen Preis auf dieser Ebene bekommt.“ Von einem Teil des Preisgeldes ist Koj mit seiner Frau schon vor der Verleihung in den Urlaub gefahren: nach Paris!

Nele-Marie Brüdgam