Bannmeile für Demonstranten, Anwohner und Museumsbesucher

Das morgige Rekrutengelöbnis vor dem Schloß Charlottenburg ist nicht der erste Versuch des Berliner Senats, die Soldaten mitten in der Stadt strammstehen zu lassen. Bereits im vergangenen Jahr sollte das Gelöbnis vor dem Brandenburger Tor stattfinden. Zahlreiche Proteste und die bevorstehenden Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der Befreiung ließen den Testballon allerdings platzen. Die Bundeswehr verdrückte sich wieder in die Kaserne.

Unter dem Motto „Ja, stören – Gelöbnis verhindern“ wird morgen am Richard-Wagner-Platz eine Demo stattfinden. Gleichzeitig hat die „Kampagne gegen Wehrpflicht“ dazu aufgerufen, das Gelöbnis nachhaltig zu stören – auch innerhalb der Absperrungen. Die Kampagne berät seit 1990 nicht nur Wehrpflichtige und Totalverweigerer, sie blockiert auch in Berlin und Potsdam regelmäßig die Rekrutenzüge bei Einberufungsterminen.

Ob es gelingen wird, das Gelöbnis tatsächlich zu stören, ist mehr als fraglich. Die Polizei bietet nicht nur 2.000 Beamte zum Schutz des Bundespräsidenten und der 300 Rekruten auf, sondern hat das Areal um das Schloß Charlottenburg weiträumig abgesperrt. Der Staatsschutz hat außerdem eine Bannmeile um das Schloß verhängt. Die Begründung: „Akustische Störungen verletzen den Wesensbereich der Gelöbnisfeier derart nachdrücklich, daß dies der Würde des Anlasses nicht gerecht wird.“

Die Museen im Schloß Charlottenburg wurden für zwei Tage gesperrt. Doch nicht nur die Kriegsdienstgegner sind im Visier der Sicherheitsorgane, auch die Anwohner des Schlosses. Die hat die Polizei in einer Postwurfsendung kurzerhand aufgefordert, an diesem Tag „fremden Personen keinen Zutritt zu Ihrer Wohnung zu gewähren“. Auch die Berichterstattung ist handverlesen. Live- Aufnahmen aus der Nähe sind im Hörfunk nur dem CDU-nahen Kommerzsender Hundert,6 erlaubt. kotte/wera