Das Ende der „Hardliner“

■ Ex-Sprecher Pohl verlangt die Abwicklung der RAF

Eigentlich wollte Helmut Pohl zur RAF gar nichts mehr sagen. Die Spaltung der Gefangenenmehrheit von den Illegalen im Untergrund vollzog sich öffentlich im Herbst 1993. Sie schien endgültig und wird es wohl auch bleiben. Pohl, der während des Hungerstreiks von 1989 RAF-Sprecher war, und seine Mitstreiter fühlten sich für das, was künftig außerhalb der Gefängnisse passieren würde, nicht mehr zuständig und sagten das auch.

Nun verlangt der Gefangene, der in den Medien abwechselnd als Protagonist eines neuen Denkens und Wortführer der „Hardliner“ innerhalb der radikalen Linken gehandelt wurde, einen förmlichen Schlußstrich. Sozusagen die Abschlußerklärung unter 26 Jahre eines ebenso blutigen wie erfolglosen bewaffneten Kampfes. Weil Helmut Pohls Wort in der Szene noch etwas gilt, ist ihm das hoch anzurechnen. Tatsächlich können die Gefangenen um Pohl für sich in Anspruch nehmen, die Unsinnigkeit der Anschläge früher erkannt zu haben als ihre GenossInnen im Untergrund. Spätestens seit dem letzten großen Hungerstreik des Jahres 1989 war das unter den RAF-Exegeten, und auch auf Seiten des Staatsschutzes, ein offenes Geheimnis.

Daß Pohl zusammen mit Brigitte Mohnhaupt und einigen anderen nach 1993 von Medien und Staatsschutzbehörden dennoch erneut zu „Hardlinern“ stilisiert werden konnten, haben sie sich in erster Linie selbst zuzuschreiben. Denn erstens haben sie seinerzeit nicht die Kraft aufgebracht, die Illegalen mit einer öffentlichen Erklärung zur Aufgabe des bewaffneten Kampfs zu drängen, zweitens haben sie die Spaltung zugelassen, wenn nicht provoziert, gerade nachdem die RAF 1992, mit Verspätung, selbst verkündet hatte, auf tödliche Anschläge in Zukunft zu verzichten.

Das ist Geschichte. Die aktuelle Wortmeldung Helmut Pohls in einem Konkret-Interview ist vor allem eins: ein Hilferuf. Ein Hilferuf der Gefangenen, die ohne jede Aussicht auf Freilassung in Vergessenheit geraten. Und ein Appell an die Restvernunft der Staatsschutzbehörden und die Einsicht der Politik: Das „Hardliner“-Stigma trifft nicht mehr. Pohl geht es nicht länger um Zusammenlegung, es geht um Freiheit, um Abwicklung im besten denkbaren Sinn. Damit nicht alles von vorn losgeht. Gerd Rosenkranz