„Polizeischutz ist wohl das Beste“

■ Wie sich die 1.000 Angehörigen und Freunde der Rekruten beim Gelöbnis fühlten

Etwa 1.000 Angehörige und Freunde der Rekruten beobachten das Gelöbnis von der rechten Seite des vor dem Schloß Charlottenburg abgesperrten Karrees. Sie sind von der Bundeswehr in Bussen hierhergebracht worden. Dazu hatten sie sich zuvor in der Julius- Leber-Kaserne im Wedding versammeln müssen. Die meisten sind in festlicher Garderobe erschienen, wirken aber nicht übertrieben verkleidet. Fast jeder hat einen Fotoapparat dabei oder eine Videokamera. Eifrig wird das Festprogramm der Bundeswehr studiert. Einige brauchen das nicht zu tun. Sie sind in Uniform erschienen. Auch wenn die Leute im Gegensatz zu den VIPs stehen müssen, ist die Stimmung gelöst. Der Schatten der Bäume kühlt. Nur selten wird laut über die Störer gemotzt.

Zwei Frauen um die 30, Angehörige eines Kompaniechefs und eines Offiziers, finden es „traurig“, daß sie nur unter Polizeischutz hierher kommen konnten. „Es ist doch schlimm, daß wir so gefährdet sind. So was gibt's nur in Berlin, das ist eben eine Zweiklassengesellschaft hier.“ Die brave Bürgerin meint wohl so was wie Chaoten und Störer. Sie fragt sich, „wo die wahren Mörder sind, wenn man Angst haben muß um sein Leben“.

Ein 43jähriger Mann, Onkel eines Rekruten, wünscht sich mehr „Verständnis für die Bundeswehr“. Die Polizeiaktion findet er okay, „die Leute müssen ja geschützt sein“. Die Mutter des Rekruten hat nicht direkt etwas gegen die Demonstranten: „Jedem seine Einstellung, aber nur solange dasnicht aggressiv ausartet.“

Die 16jährige Freundin eines Rekruten ist da schon toleranter. Sie findet den massiven Polizeieinsatz ziemlich daneben. Den Zuschauern würde zuwenig Vertrauen geschenkt. „Abriegeln ist doch lächerlich.“ Sie ist stolz auf ihren Freund: „Aber wenn nicht einer von den meinen dabeigewesen wäre, dann wäre ich auch zur Demo gegangen.“ Das hätten einige aus ihrer Schulklasse getan, um den Unterricht zu schwänzen. Eine 23jährige ist froh über die viele Polizei. Sie hat Angst vor „Bambule“. Mit dem Gelöbnisritual hat sie keine Schwierigkeiten: „Es wird keiner gezwungen.“

Deutlich wird ein Oberstleutnant aus der Lüneburger Heide. „Polizeischutz ist wohl das Beste.“ Der Bundespräsident sei anwesend, das verlange einen ordentlichen Rahmen. Schade findet der 50jährige, daß die Polizisten soviel Freizeit opfern müßten, doch das gehe nicht anders. „Schließlich wollen wir uns nicht von einer Minderheit in die Ecke drängen lassen.“ Hans-Hermann Kotte