FCKW-Verwendung – kein Thema in Deutschland?

■ Die Bilanz der Bundesrepublik für 1995 weist immer noch Blindstellen auf

Die Bundesregierung rühmt sich, ein Jahr früher als verabredet aus der Produktion des Ozonschichtkillers Fluorchlorkohlenwasserstoff (FCKW) ausgestiegen zu sein. Bereits 1995 war das Kapitel „Produktion und Verwendung vollhalogenierter FCKW“ beendet – so steht es in einer Bundestagsdrucksache. Doch diese Sichtweise ist fast blind. Denn es ist keineswegs so, daß von deutschem Boden keine Ozonzerstörer mehr in die Atmosphäre entweichen.

„In den Kühlregalen und Tiefkühltruhen der rund 50.000 deutschen Supermärkte werden noch immer FCKW und H-FCKW (teilhalogeniert) eingesetzt“, schreibt die Umweltschutzorganisation Greenpeace. Etwa 20 bis 30 Prozent der Gase entschwinden durch Lecks und Löcher im Orbit. Ganz legal dürfen derartige Altanlagen mit frischem FCKW nachgefüllt werden.

Greenpeace schätzt, daß auf diese Weise Jahr für Jahr 700 Tonnen ozonschädliche Kühlgase allein in deutschen Supermärkten neu hinzukommen – und das, obwohl es längst umweltfreundliche Techniken gibt.

Ausgerechnet der auf internationalem Parkett als Oberumweltschützer gerühmte Klaus Töpfer, Ex-Umweltminister in Deutschland, hatte nämlich dafür gesorgt, daß recyceltes FCKW auch weiterhin in Kühltruhen eingefüllt werden darf. Das gewinnen die deutschen Kältehändler beim Ausschlachten alter Kühlschränke – oder beziehen frisches Material aus Drittwelt-Ländern, die nach dem Montrealer Protokoll noch länger als die Industrieländer FCKW herstellen dürfen. Die Verwendung von frischem FCKW in Kühlschränken ist zwar in Deutschland nicht legal – aber da recyceltes Material praktisch nicht von neuem zu unterscheiden ist, ist eine Überprüfung hier ausgesprochen schwierig. 1.223 Tonnen frisches FCKW werden in Deutschland mit staatlichem und internationalem Segen für die Herstellung von Asthmasprays verbraucht.

Die Pharmaindustrie behauptet, daß ihre Kundschaft dringend auf den Ozonkiller angewiesen ist. Doch Asthmatiker in Skandinavien werden fast hundertprozentig mit FCKW-freien Medikamenten versorgt – und die Todesrate ist in diesen Ländern keineswegs höher.

Vermutlich noch gar nicht auf dem Höhepunkt ist die deutsche Emission von FCKW aus Hartschäumen und Dämmplatten, die in den letzten Jahrzehnten hergestellt wurden. Langlebige Produkte wie Kühlschranktüren sowie Baumaterialien halten die Ozonkiller noch jahrelang fest. Greenpeace schätzt, daß die Ausgasung ab dem Jahr 2000 sprunghaft ansteigt – und beruft sich dabei auf die Einschätzung von Öko-Recherche, Büro für Umweltforschung- und Beratung in Frankfurt am Main. Aber auch in neu hergestelltem Spritz- und Montageschaum sowie in Kühlmöbeln werden nach wie vor teilhalogenierte FCKW verwendet – die zwar etwas weniger schädlich sind als die vollhalogenierten Vorgänger, aber dennoch nach wie vor ein großes Zerstörungspotential haben.

Im Vergleich zu den 80er Jahren ist die Produktion von Ozonkillern hierzulande jedoch tatsächlich enorm geschrumpft. Damals wurden jährlich etwa 100.000 Tonnen des Treibgases produziert; etwa 80.000 Tonnen kamen aus dem Hause Hoechst.

Dort steht jetzt auch die einzige FCKW-Vernichtungsanlage der Republik. 8.000 Tonnen könnten dort im Jahr geknackt und damit für die Ozonschicht unschädlich gemacht werden. Aber tatsächlich kommt so gut wie kein Material in Frankfurt an. Die unauffällige, kaum nachweisbare „Entsorgung“ durch Ablassen in die Atmosphäre scheint vielen offenbar einfacher.

aje