Deutscher Abschied

■ Bosnier müssen unterschreiben, daß sie nach dem 30.6. abgeschoben werden

Berlin (taz) – Obwohl der geplante Termin für die Rückführung bosnischer Kriegsflüchtlinge auf unbekannte Zeit verschoben ist, werden bosnische Flüchtlinge nach wie vor aufgefordert, Deutschland Ende Juni zu verlassen. Andernfalls droht eine zwangsweise Abschiebung. So verpflichtet beispielsweise die Ausländerbehörde Bonn alleinstehende bosnische Flüchtlinge, folgende Erklärung zu unterzeichnen: „Ich wurde darauf hingewiesen, daß die mir erteilte Duldung über den 30.6. 96 nicht mehr verlängert werden kann (...) Sofern ich das Bundesgebiet nicht freiwillig verlasse, muß ich entsprechend § 56 Abs. A Satz 2 Ausl G nach Ablauf dieser Ausreisefrist mit meiner Abschiebung rechnen.“ Ähnliche Ausreiseaufforderungen, die unter den Betroffenen Verunsicherung und Panik auslösen, erteilt auch die Berliner Ausländerbehörde. Den 30. Juni hatten die Landesinnenminister ursprünglich als Stichtag für die Rückkehr von Ledigen und kinderlosen Ehepaaren aus Bosnien festgesetzt. An diesem Datum sollte auch der bisher gültige Abschiebestopp für Bosnier enden. Unter dem Eindruck der unsicheren Lage in Exjugoslawien hatte die letzte Innenministerkonferenz am 3. Mai diesen Termin jedoch einhellig als verfrüht bezeichnet. Allerdings hoben die Innenminister den Stichtag 30.6. nicht förmlich auf. Statt dessen beauftragten sie den Bundesinnenminister, zu prüfen, wann eine Rückkehr realistisch sei. Solange Manfred Kanther aber keinen neuen Termin setze, argumentiert jetzt das NRW-Innenministerium, müßten die Ausländerbehörden weiterhin Ausreiseaufforderungen erteilen. Die angedrohten Abschiebungen würden jedoch nicht durchgeführt. NRW-Innenminister Franz-Josef Kniola (SPD) hatte anfang Mai eine definitive Zusage des Bundesinnenministers gefordert, mit der Rückführung der Bosnier frühestens im Frühjahr 1997 zu beginnen. Die Bitte liegt seit vier Wochen auf Kanthers Schreibtisch. Vera Gaserow