Bayerischer § 218 spaltet Bundeskabinett

■ Bundesjustizminister Schmidt-Jortzig hält Vorstoß für verfassungswidrig. Frauenministerin Nolte stellt sich hinter Bayern. Kommt die Normenkontrollklage?

Berlin/Bonn (taz) – Der bayerische Sonderweg in Sachen Abtreibung sorgt in Bonn weiterhin für Zündstoff. Auch Bundesjustizminister Edzard Schmidt-Jortzig, der im vergangenen Jahr als Bundestagsabgeordneter noch gegen den Kompromiß beim Abtreibungsrecht gestimmt hatte, hält das Vorhaben der bayerischen Regierung für verfassungswidrig. In einem Interview mit der taz erklärt er, mit seinem Gesetzentwurf breche Bayern Bundesrecht. „Wenn der Bundesgesetzgeber eine Materie geregelt hat, dann muß sich ein Land an diese Vorgabe halten – egal, ob es ihm paßt oder nicht.“ Bundesfrauenministerin Claudia Nolte (CDU) erklärte dagegen in einem Gespräch mit der Welt, sie teile die Aufgeregtheit über den bayerischen Gesetzentwurf nicht. Für sie sei die Kritik daran „absolut nicht gerechtfertigt.

Bayern plant eine Verschärfung des im vergangenen Jahr gefundenen Kompromisses beim Abtreibungsrecht. Per Gesetz will das Land schwangere Frauen zwingen, in der Schwangerschaftskonfliktberatung ihre Gründe für eine Abtreibung zu nennen. Tun sie es nicht, so erhalten sie keine Beratungsbescheinigung und können somit keinen Schwangerschaftsabbruch vornehmen. Sowohl im Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1993 als auch im Abtreibungsrecht des Bundes heißt es aber: Die Gesprächsbereitschaft einer Frau könne nicht erzwungen werden. Sollte ein entsprechendes Gesetz tatsächlich in Kraft treten, so Schmidt-Jortzig, dann werde das notwendige Drittel aller Mitglieder des Bundestages „eine Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht anstrengen. „Daran habe ich keine Zweifel.“

Auch das FDP-Präsidium kritisierte den bayerischen Sonderweg gestern scharf und forderte die bayerische Regierung auf, den Gesetzentwurf zurückzunehmen. Zugleich empfahl es dem Bundestag, gegen ein bayerisches Sondergesetz vor dem Verfassungsgericht zu klagen. Der FDP- Parteitag, der am Freitag in Karlsruhe beginnt, soll diese Haltung bestätigen.

FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle warf Frauenministerin Nolte gestern vor, sie habe als Mitglied der Bundesregierung öffentlich den geplanten Bruch von Bundesrecht durch die bayerische Staatsregierung gebilligt. Westerwelle zeigte sich „sehr sicher“, daß sich auch eine „hinreichend große Zahl“ von Unionsabgeordneten diesen „Rechtsbruch“ nicht bieten lassen werde. flo/mon

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