Über Schlecht- und Gutachten

■ UKE-Skandal: Patientinnen-Anwalt kritisiert Experten, Strahlentherapie-Chef gibt der Behörde die Schuld und die räumt Fehler ein Von Patricia Faller

„Die Expertenkommission hat eine falsche Bewertung abgegeben“: Mit solch drastichen Worten erhob Patientinnen-Anwalt Wilhelm Funke gestern neue Vorwürfe im Strahlenskandal in der gynäkologischen Radiologie des UKE. Die Gesamtdosis, mit der die Patientinnen in Wirklichkeit bestrahlt wurden, sei höher gewesen als die Dosis, die die Experten in ihrem Gutachten zu Unterleibskrebspatientinnen im Frühstadium zugrundelegten. Deshalb seien die Fachleute zu der falschen Schlußfolgerung gekommen, die UKE-Methode sei korrekt gewesen. Das hatte die Wissenschaftsbehörde veranlaßt, Schmerzensgeldzahlungen abzulehnen (taz berichtete).

Auch die Wissenschaftsbehörde räumte gestern „Mängel des Gutachtens“ ihrer Experten ein, Nachbesserungen seien in Auftrag gegeben worden. Das Ergebnis: Von zehn Patientinnen mit Unterleibskrebs im Frühstadium seien zwei eindeutig zu hoch bestrahlt worden, bei dreien sei die Bestrah-lungsdosis am Grenzwert und bei fünf sei die Behandlung in Ordnung gewesen.

Während Anwalt Wilhelm Funke die ursprüngliche Expertise als Vertuschung betrachtet, nimmt Behördensprecher Tom Janssen die Gutachter in Schutz: „Die haben unter einem erheblichen zeitlichen Druck gearbeitet.“ Auf fehlende Unterlagen seien die Mängel nicht zurückzuführen. Dieser Aspekt sei übersehen worden, und das sei bedauerlich.

„Das ist doch Quatsch“: Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Strahlentherapie, Michael Bamberg, wies die Vorwürfe gestern gegenüber der taz zurück. Das Gutachten sei aufgrund der Aufgabenstellung so ausgefallen: „Nicht die Einzelfälle sollten begutachtet werden, sondern die Methode“. Dabei habe sich gezeigt, daß das UKE-Bestrahlungskonzept korrekt gewesen sei. Er räumte jedoch ein, daß auch bei einer korrekten Methode Patientinnen falsch bestrahlt werden können. Gleiche Dosen können je nach Patientin unterschiedliche Wirkungen haben.

Bamberg konzidierte zudem, daß eine Methodenbegutachtung, die nicht Details im Einzelfall berücksichtige, die falsche Herangehensweise gewesen sei. Aber nichts anderes sei gefordert gewesen, und etwas anderes hätte in der Kürze der Zeit nicht gemacht werden können. Jetzt müsse man die einzelnen Patientinnen betrachten und eventuell entschädigen.

„Wir verhandeln bereits mit Anwalt Funke“, erklärte Behördensprecher Tom Janssen. Bei fünf Unterleibskrebspatientinnen im Spätstadium habe die Behörde bereits 140.000 Mark an Abschlagszahlungen vorgenommen, weil mit langwierigen Regulierungsverhandlungen zu rechnen sei. Die Betroffenen sollen aber schnell zu ihrem Geld kommen. Bei fünf weiteren werde über Abschlagszahlungen gesprochen.

Für die Regulierung gibt es im Wirtschaftsplan des UKE einen Posten von 30 Millionen Mark, der für Fehlbehandlungen bereitgestellt ist. Insgesamt fordern rund 100 Gebärmutter- und Brustkrebspatientinnen rund drei Millionen Mark Schmerzensgeld.