Wahlsieger Netanjahu verhandelt an zwei Fronten

■ Israels Regierungsbildung gestaltet sich schwierig: Weil die kleinen religiösen Parteien Maximalforderungen stellen, droht der Likud ihnen mit der Arbeitspartei

Tel Aviv (taz) – Israels Wahlsieger Benjamin Netanjahu wird sich das Regieren einiges kosten lassen müssen: Als Bedingung für eine Regierungskoalition mit seinem konservativen Likud-Block verlangen die drei im Parlament vertretenen religiösen Parteien zusammen eine Milliarde Schekel (ca. 500 Millionen Mark) jährlich. Desweiteren fordern die mit insgesamt 23 Sitzen in der Knesset präsenten Nationalreligiösen und Orthodoxen das Religionsministerium.

Heiß umkämpft ist bei den Koalitionsverhandlungen auch das Bauministerium. Beide Posten sind besonders begehrt, weil ihre Inhaber enorme Geldsummen verwalten. Auch mit anderen Koalitionspartnern hat sich Netanjahu noch nicht über die von ihnen geforderten Regierungsämter einigen können. So verlangt die Einwandererpartei des aus Rußland stammenden Nathan Scharanski ebenfalls das Bauministerium und besteht zudem auf einem zweiten „wirtschaftlich bedeutenden“ Ministerposten. Bei einem 18köpfigen Kabinett mit einer Likud- Mehrheit und fünf Koalitionspartnern ist ein solches Amt rechnerisch jedoch nicht „übrig“, – es sei denn auf Kosten des Likud.

Dabei steht Netanjahu in der eigenen Partei unter wachsendem Druck zahlreicher Anwärter auf Regierungsposten. Besonders umkämpft sind das Verteidigungs- und das Finanzministerium. Netanjahu sucht für diese Ämter Persönlichkeiten mit moderatem Image. Jedoch drängen sich gerade die international bekannten Falken Ariel Scharon und Raful Eytan vor, die gemeinsam 1982 den Libanonkrieg angeführt haben. Scharon, dem Netanjahu die massive Wahlunterstützung durch das religiös-orthodoxe Lager verdankt, sucht bei führenden Rabbinern Bundesgenossen in seinem Kampf um eines der Ämter.

Angesichts dieser Schwierigkeiten drohen Netanjahus Vertreter mit der Eröffnung einer „Verhandlungsfront“ mit der Arbeitspartei zwecks Bildung einer großen Koalition. Sowohl in der Arbeitspartei als auch im Likud mehren sich die Stimmen zugunsten einer solchen Zusammenarbeit.

Unterdessen zeigt sich Netanjahu in der Jerusalemfrage unnachgiebig: „Jerusalem wird niemals geteilt sein und wird unter israelischer Souveränität vereinigt bleiben“, ließ er gestern zum wiederholten Male verlauten. Zuvor hatte der Präsident der palästinensischen Autonomieverwaltung, Jassir Arafat, bei einem Treffen mit Mubarak und Jordaniens König Hussein erklärt, es werde „sehr bald“ einen palästinensischen Staat mit der Hauptstadt Jerusalem geben. Amos Wollin

Siehe auch Seiten 7 und 10