Bremer Haushalt mbH

■ Große Koalition will diese Woche Etat 96/97 beschließen / Vorlagen sind aber schon jetzt überholt

Drei Tage lang nehmen die 100 Abgeordneten der Bürgerschaft ab heute ihr vornehmstes Recht wahr – Beratung und Beschluß des Haushalts für die Jahre 1996 und 1997. Doch in zentralen Fragen wird die Debatte ohne richtige Grundlage verlaufen. Denn schon jetzt ist sicher, daß zumindest für das Jahr 1997 im Herbst ein Nachtragshaushalt beschlossen werden muß. Diese Ankündigung des Senats noch vor der Beratung des Haushalts empfindet die Opposition als „Schwachsinn hoch drei“, so der AfB-Fraktionsgeschäftsführer Wolfram Neubrander gestern. Gemeinsam beantragen Grüne und AfB deshalb eine Verschiebung der Haushaltsberatungen, bis die absehbare Finanznot in den Etatentwurf eingearbeitet worden ist.

In allerletzter Minute hatte der Senat gestern noch einen mittelfristigen Finanzplan für die Jahre 1996 bnis 2000 beschlossen. Vom Gesetz wird dies als Voraussetzung der Haushaltsberatungen verlangt. Doch der jetzt vorgelegte Finanzplan konnte gestern nur einstimmig im Senat verabschiedet werden, weil drei wesentliche Punkte ausgeklammert wurden: Die Aufteilung der Eckwerte für die einzelnen Ressorts steht ausdrücklich unter dem Vorbehalt weiterer Beschlüsse, und die jüngste, für Bremen sehr schlechte Steuerschätzung aus dem Mai ist ebenso unberücksichtigt geblieben wie die Auflistung aller Risiken aus dem Vulkan-Konkurs.

Die AfB sieht in diesem Verfahren einen klaren Gesetzesverstoß und fordert in einem Dringlichkeitssantrag den Senat auf, umgehend einen aktuellen Finanzplan vorzulegen. Empörend finden beide Oppositionsfraktionen auch die Absicht der Großen Koalition, über fast 600 Millionen Mark des Investitions-Sonderprogramms nur als Summe zu entscheiden. Der Senat will über die genaue Aufteilung des Betrags erst nach dem Haushaltsbeschluß Ende Juni entscheiden. Die Grünen werden heute in der Debatte vor allem kritisieren, daß die vorgelegten Haushaltspläne schon jetzt unrealistisch sind. So wurde bei den Personalkosten keinerlei Lohnsteigerung eingerechnet.

Zu den Haushaltstiteln im einzelnen haben die AfB weit über 100 und die Grünen neun Änderungsanträge eingebracht. Die AfB verlangt in großem Umfang Privatisierungen von öffentlichen Dienstleistungen und will damit zusammen mit zusätzlichen Vermögens-Verkäufen 750 Millionen Mark in die Bremer Staatskasse erwirtschaften. Gleichzeitig fordert die AfB Mehrausgaben und Gebührensenkungen in Höhe von 113 Millionen Mark. Die Differenz von 637 Millionen Mark soll zur Schuldentilgung verwandt werden.

Die Grünen fordern die Erhöhung der Mittel für Umweltschutzmaßnahmen, für den Jugend-, Gesundheits- und Sozialbereich und einen Solidarpakt an den Schulen zur Schaffung neuer LehrerInnenstellen durch Verzicht auf eine Stunde Arbeitszeit ohne Lohnausgleich. In einem Einzelantrag verlangen die Grünen die Rücknahme der geplanten drastischen Kürzung des Etats für Selbsthilfe-Projekte von 9,5 auf 3,7 Millionen Mark im Jahr.

Die Bürgerschaftsdebatte beginnt heute um 10 Uhr mit den Berichten von Finanzsenator Ulrich Nölle (CDU) und dem Sprecher des Haushaltsausschusses, Dieter Mützelburg (Grüne). Anschließend haben die vier Fraktionsvorsitzenden das Wort zu einer Generaldebatte.

Ase