Prinzip: Opportunismus

■ Die CDU will ein neues Ladenschlußgesetz

Die Entscheidung der CDU, die Ladenschlußzeiten auf 16 Uhr an Samstagen und 20 Uhr an Werktagen auszuweiten, wird bei den Oppositionsparteien auf Widerstand stoßen. Denn SPD und Bündnis 90/Die Grünen sind offiziell für die Bewahrung der Ladenschlußzeiten. Heimlich, still und leise werden sich aber viele Politiker dieser beiden Parteien freuen. Denn die Änderung des Ladenschlußgesetzes hat mehr Freunde unter den Politikern, als sie glauben machen wollen. Entnervt haben schon führende Grüne in Hintergrundgesprächen die starre Haltung ihrer Parteiführung beklagt, um resigniert festzustellen: Es hat keinen Sinn, sich eine blutige Nase zu holen.

Günter Verheugen (SPD) positionierte gestern seine Partei zwar ebenfalls auf Ablehnungskurs, allerdings mit der Einschränkung: Nur, wenn die Bundesregierung nicht auf die 580- Mark-Regel verzichtet. Soll heißen: Grundsätzlich ist die SPD für andere Ladenschlußzeiten.

So entsteht immer mehr der fatale Eindruck, daß manche Politiker allein aus Opportunitätserwägungen heraus entscheiden. Aktuellstes Beispiel ist die Debatte um die Diätenerhöhung. Sowohl in der CDU als auch in der SPD gibt es kaum einen Politiker, der nicht für eine sofortige Anhebung der Diäten wäre. Dennoch haben sie sich – zum Glück – dagegen entschieden.

Auch bei der Debatte um das Sparpaket der Regierung wird seitens der SPD viel geheuchelt. Sie lehnt lauthals jede von der Regierung geplante Kürzung ab, schmiegt sich an die Gewerkschaften und deren Großdemo am kommenden Samstag an, sieht aber selbst die Notwendigkeit von Einsparungen ein. Nur daß es kaum einer mitbekommt. „Wir haben ganz konkrete Einsparungen vorgeschlagen“, sagt etwa Parteichef Oskar Lafontaine auf der Perspektivkonferenz 1996. Kennt jemand diese Vorschläge? „Zum Beispiel bei den Kuren“, fährt Lafontaine fort, „beim Gesundheitswesen, beim Fremdrentengesetz, bei der Sozialhilfe und im öffentlichen Dienst.“ Ein Satz, so schön schwammig, so schön vage, daß die unangenehme Botschaft überhört werden kann.

Die Parteien machen eben Politik für ihre Wähler, könnte man wohlmeinend sagen. Naheliegender aber ist: Sie schielen lediglich auf Wählerstimmen. Markus Franz