Frisch gesäte Evergreens

■ Morgen im „Moments“: Neuer Folkpop von den Walkabouts/ Der Sound von Sehnsucht, Weite und Melancholie

„Kategorien sind bedeutungslos, wenn dermaßen zeitlose Musik diskutiert wird.“ Diese Art von Lob, in diesem Fall seitens der britischen Musikgazette „Melody Maker“, ist für die Walkabouts symptomatisch. Neu oder gar innovativ ist das, was das Folkrock-Quintett aus Seattle seit 1984 abliefert, wahrlich nicht. Aber gut, zeitlos gut. Morgen gastiert die Folktruppe in Bremen.

Kaum ein Genre ist klanglich dermaßen abgefrühstückt wie der Folk-Rock. Selbst für Remix- und Revival-Versuche taugt er nicht mehr. Da bedarf es schon außergewöhnlicher Kompositionen, damit sich eine zeitgenössische Folkband gegen die vielen Klassiker des Genres durchsetzen kann. Den Walk-abouts gelingt dieses kleine Wunder: Mal um mal erschaffen die Westküstler den guten Song an sich aufs Neue. Sie überraschen mit wundervollen Melodien, von denen man dachte, daß es sie längst gäbe. So simpel zu klingen und dabei doch Neues zu schaffen, das zeugt von musikalischer Finesse.

Nächstes Plus der Walkabouts: die scheinbare Leichtigkeit, mit der die frisch geschmiedeten Evergreens runtergespielt werden. Das gute Songwriting kommt vor allem zum Tragen, weil die Stimme der ehemaligen Straßenmusikerin Carla Togerson zwar voluminös und voller Charakter ist, aber nie die schwungvollen Gitarrenharmonien überlagert. Der erstklassige Gesang ist in Stücke eingebunden, die voller Sehnsucht, Weite und Melancholie stecken.

Klanglich sind die fünf MusikerInnen vielschichtiger als die meisten herkömmlichen Folk-Rock- Bands. Violinen, Piano & Co. sorgen dafür, daß das Midtempo-Songgebräu nicht wie Einheitsbrei schmeckt. Daß auch Gitarrero Chris Eckmann mit mittelmäßigeren Sangesleistungen mal ans Mikrophon darf, stört ein wenig, verleiht aber den Walkabouts noch eine Klangfarbe mehr. Fazit: eine Songschmiede der Extraklasse. Bei denen ist es gleichgültig, in welchem Jahrzehnt sie spielen. L.R.

Freitag, 14.6., 20 Uhr im „Moments“ (Vor dem Steintor 65)