Thatchers gestreckter Mittelfinger

■ Nach dem Rinderkrieg muß sich Major nun mit dem Europakrieg herumschlagen – in den eigenen Reihen

Dublin (taz) – Da war sie wieder mit geladener Handtasche. Die frühere britische Premierministerin Margaret Thatcher macht ihrem Nachfolger John Major das Leben noch schwerer, als es für ihn ohnehin schon ist: Den Rinderkrieg in Europa droht er zu verlieren, und beim Europakrieg im eigenen Stall finanziert Thatcher nun seine Gegner.

Der Tory-Abgeordnete Bill Cash ist Vorsitzender der European Foundation, einem Sammelbecken für diejenigen Briten, in deren Augen jenseits des Kanals das Feindesland beginnt. Bisher wurde der dubiose Club von James Goldsmith finanziert, einem xenophobischen Multimillionär, der von Bill Cash vor ein paar Tagen eine Gegenleistung verlangte: Der gekaufte Abgeordnete mußte zu Majors Entsetzen ein Referendum über Großbritanniens Europapolitik beantragen, und 78 Tory-Hinterbänkler stimmten dafür. Das reichte zwar nicht für eine Mehrheit, war aber ein gehöriger Tritt vor Majors Schienbein. Der Premier schlug zurück und untersagte Cash, in Zukunft Geld von Goldsmith anzunehmen, zumal der mit seiner Referendum-Partei bei den nächsten Wahlen gegen die Tories antreten wird.

Cash mußte sich nun um neue Geldgeber kümmern, brauchte aber nicht lange zu suchen: Thatcher machte für die Eurofeinde gern ihre Handtasche auf. Leisten kann sie es sich allemal, kassiert sie doch sechsstellige Summen für ihre Vorträge. Ihre Spende löste bei Major einen Wutanfall aus. Bei der Presseerklärung hatte er sich aber wieder unter Kontrolle. „Ich persönlich hätte das Geld der Konservativen Partei gegeben“, versicherte er glaubwürdig. Charles Kennedy, der Europa-Sprecher der Liberalen Demokraten, frohlockte: „Das ist der gestreckteste Mittelfinger, den eine ehemalige Tory-Premierministerin ihrem Nachfolger zeigen kann.“ Ralf Sotscheck