■ Vorschlag
: Anna Huber und Tatjana Orlob bei der TanzZeit am Halleschen Ufer

Ein Lichtstrahl auf dunkler Bühne: Ein Arm wird angeleuchtet, der andere Arm, ein Bein, das andere Bein. In „in zwischen räumen“ hat sich die Solotänzerin Anna Huber eine Lampe vor die Stirn gebunden und macht so das Selbstverständlichste und zugleich Rätselhafteste sichtbar: Daß der Mensch zugleich innen und außen ist, daß er nicht nur auf die Welt blickt, sondern im Unterschied zu den Tieren sich auch selber sehen kann, daß er sich sehend sieht. Der Lichtstrahl tastet, dem Blick gleich, nach und nach den Körper ab, einen in Wellenbewegungen dahinfließenden Arm, ein tanzendes Bein. Am Ende dieses ersten Bildes hält die Tänzerin die Hände vor die Lampe, der Lichtschein fällt auf sie selbst zurück und nun sehen wir, was sie selbst nicht sehen kann: ihr Gesicht. Eine Reise in die Welt des Raums beginnt, in dem Anna Huber wie Alice im Wunderland unterwegs ist. In einer Welt von Lichtquadraten, Diagonalen und Geraden fällt sie von einem Körperabenteuer ins nächste und tanzt merkwürdige, ebenso filigrane wie energische Tänze. Für Hubers Reflexionen über Innen- und Außenwelten hat der Bühnenbildner Thilo Reuter einen Kubus aus Metallstangen auf die Bühne gebaut. Einen Raum im Raum, der durch das Lichtspiel vervielfacht wird. Wolfgang Bley-Borkowskis Elektroklänge mischen sich in Raum und Tanz, und manche Töne setzen sich wie Punkte auf Anna Hubers Körper.

„in zwischen räumen“ wurde im vergangenen Herbst im Theater am Halleschen Ufer uraufgeführt, ist mittlerweile nicht nur nach Dresden und Frankfurt, sondern auch nach Paris und Moskau eingeladen und jetzt im Rahmen der TanzZeit im Theater am Halleschen Ufer zu sehen – ein Doppelabend: Nach Anna Huber zeigt Tatjana Orlob vom Tanzlabor „Olfacts“. Uraufgeführt im vergangenen Dezember an der Akademie der Künste handelt „Olfacts“ von einer Frau, die ihre Sinne verloren, und einem jungen Mann, der sie noch beisammen hat. Tatjana Orlob und Steffen Eckert tanzen einen Alptraum, an dem alles unerträglich ist: Die Kampfanzügen ähnelnden Kostüme, die nervtötend kreischende Musik von Marcus Waibel und Tatjana Orlobs Bewegungsschöpfungen, die (bei aller sonstigen Liebe für Horrorszenarien) von einer Negativität sind, mit der man die Choreographin lieber alleine lassen möchte. Tatjana Orlob ist eine wunderbare Tänzerin, auch in „Olfacts“ füllt sie den Bühnenraum mit ihrer Präsenz mühelos aus. Mehr Positives läßt sich leider nicht berichten. Michaela Schlagenwerth

Noch heute und morgen, 21 Uhr, Theater am Halleschen Ufer (32)