Heißer Sommer im Einzelhandel

■ Tarifgespräche geplatzt / Streikbereitschaft wächst

Der Bremer Einzelhandel kann sich auf einen heißen Sommer einstellen. Gestern sind die Tarifgespräche geplatzt. Die Gewerkschaften Handel, Banken und Versicherungen sowie DAG auf der einen Seite und der Einzelhandelsverband Nordsee auf der anderen sind auch nach der zweiten Runde ergebnislos auseinandergelaufen. Rund 200 Gewerkschafterinnen aus dem Einzelhandel demonstrierten gestern derweil in der Mittagspause auf dem Marktplatz für ihre Forderungen.

Die Gewerkschaften fordern fünf Prozent mehr Lohn und Gehalt, die Arbeitgeberseite bietet dagegen nicht mehr als 1,5 Prozent. „Unannehmbar“, kommentierte gestern Heiner Schilling, Mitglied der HBV-Tarifkommission. „Unannehmbar“, kommentierte gestern gleichfalls der Bremer Einzelhändler Norbert Caesar, der die Verhandlungsgruppe der Arbeitgeberseite anführt. Nun wollen sich die Gewerkschaften auf Aktionen in den Betrieben vorbereiten. Erst am 23. Juli soll es die nächste Verhandlungsrunde geben.

Unter dem Motto „gewinnbringende Mittagspause“ hatten die Gewerkschaften ihre Mitglieder mobilisiert. Dabei ging es nicht allein um den Forderungskatalog der Arbeitgeberseite, der, so die Gewerkschaften, wenig mehr als die Kürzung von Gehalt und Gehaltzuschlägen beinhaltet. Daneben spielt bei den Verhandlungen immer noch Bonn eine Rolle. Stichworte: Ausweitung des Ladenschlusses und Einschränkung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

Dafür war die Beteiligung an der Demo nicht besonders rege. Das Bremer Geschäftsleben lief normal weiter. Die meisten der befragten Angestellten in den Bremer Kaufhäusern hatten von der Kundgebung noch nicht einmal etwas gehört. Einer ging sogar so weit, die Kundgebung als „Mittagspausenbelustigung“ zu bezeichnen: gewinnbringend oder nicht. Bei einer Befragung in zehn Bremer Kaufhäusern sind die GewerkschafterInnen allerdings auf einen großen Kampfesmut unter den Angestellten gestoßen. 96 Prozent der Befragten hätten angegeben, das Arbeitgeberangebot sei inakzeptabel, 86 Prozent wollten notfalls streiken, teilte die HBV gestern mit.

Das könnte den Bremer Einzelhandel in arge Bedrängnis bringen, sagen die Arbeitgeber. „Gerade die kleineren stehen mit dem Rücken zur Wand“, erklärte Norbert Caesar. Wegen der Krise des Einzelhandels seien die Forderungen der Gewerkschaften „schlicht nicht leistbar“. Im Gegenteil: Wenn sich die Gewerkschaften weiterhin weigern würden, über eine Flexibilisierung der Arbeitszeit zu reden, dann würde es unweigerlich zu betriebsbedingten Kündigungen kommen.

gei/J.G.