Nachgefragt
: „Flickenteppich“

■ Bremerhavens OB zur Hoheitsfrage

Gestern hat der Senat gemeinsam mit dem Bremerhavener Magistrat getagt und mehrere zuvor beschlossene Wirtschaftsförderungsprojekte als „Zukunftsinitiative Bremerhaven“ präsentiert – Ocean-Park, Fischereihafenschleuse und Carl-Schurz-Gelände. Manfred Richter (FDP) ist Oberbürgermeister der Seestadt.

taz: Häfensenator Beckmeyer ist wild entschlossen, seine Behörde nach Bremerhaven zu verlegen. Innensenator Borttscheller (CDU) nennt das eine „Schnapsidee“. Wie finden Sie die Absicht?

Manfred Richter: Aus Bremerhavener Sicht sieht man das etwas anders. Wir haben hier außer der ganz kleinen Behörde des Datenschutz-Beauftragten keine Landesbehörden. Und wir meinen, in einem Zwei-Städte-Staat ist es durchaus sinnvoll, die Behörde eines Senatsressorts, das eine besondere Affinität zur Küste hat, dann auch in den nördlichen Teil des Landes zu verlegen.

Das Wibera-Gutachten ist zu dem Ergebnis gekommen, daß der Umzug 2,5 Millionen Mark im Jahr kosten würde.

Ich kenne das Gutachten noch nicht. Ich kann schon verstehen, daß es Beharrungskräfte gibt, die einen Standort nicht wechseln möchten. Aber aus Sicht einer Stadt, die gerade bei den hochwertigen Arbeitskräften ein Problem hat, stellt sich das anders dar. Wir sind 60 Kilometer auseinander, das ist doch keine Riesendimension wie in einem Flächenstaat.

Die Gutachter haben das ausgerechnet: 73 Minuten Wegezeit pro Termin.

Ich glaube schon, daß sich wesentlich mehr Aktivitäten in den Häfen in Richtung Bremerhaven entwickeln werden.

Der Wirtschaftsminister in Niedersachsen zieht ja auch nicht nach Wolfsburg. Der Sinn einer Hauptstadt ist doch, daß es für die gesamte Regierung kurze Wege gibt.

In einem Flächenland stimmt das womöglich auch. Aber wir sind ein Zwei-Städte-Staat. Das ist so, wie wenn eine Behörde vom Nordrand Hamburgs an den Südrand zieht.

In Hamburg sitzen die Behörden ums Rathaus herum.

Mag sein, aber die Entfernungen sind kein wirkliches Problem. Ich möchte den Standort Bremerhaven stärken.

Der FDP-Landesvorstand hält den Umzug für „nicht vertretbar“. Das Häfenressort sei „vollständig überflüssig“.

Ich gehöre nicht zu denen, die immer erst Gremien befragen, bevor sie eine Meinung haben.

Das Gelände der ehemaligen Carl-Schurz-Kaserne wird jetzt von Bremer in Bremerhavener Hoheit übergeben. Das war der kleine Schritt, aber was wird mit dem großen – die Übergabe der stadtbremischen Häfen an Bremerhaven?

Wir haben den Wunsch, daß der Flickenteppich auf der Landkarte verschwindet. Wir haben keine andere Stadtgemeinde in Deutschland, auf deren Territorium eine andere Stadtgemeinde Hoheitsrechte ausübt.

Was hat Bremerhaven für die Hoheitsrechte anzubieten?

Wir setzen uns mit Bremen nicht wie auf dem orientalischen Basar auseinander. Ich sehe im Moment ein gewisses Maß an Verständnis und Entgegenkommen beim Land.

Wie lange wird das noch dauern? 100 Jahre, 20 Jahre...

Ich glaube der Zeitraum muß deutlich kürzer sein. Ich würde mir wünschen, daß wir das noch in dieser Wahlperiode abschließen können. Ase