Falsche Freundschaft

■ Innenverwaltung verzichtete auf 13 Abschiebungen - weil Behördenmitarbeiter nicht richtig telefonieren können

Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) versucht sich neuerdings gegenüber Bürgern aus dem Ausland gastfreundlich zu zeigen – allerdings unfreiwillig. Am Samstag mußte er darauf verzichten, 13 ausländische Mitbürger ohne Aufenthaltsgenehmigung in Abschiebegewahrsam nehmen zu lassen, weil eine Mitarbeiterin der Ausländerbehörde zu blöde war, die richtige Telefonnummer zu wählen.

Der Vorfall ist pikant: Im Mai hatte die Polizei und der Innensenator der Justizverwaltung sowie dem für die Prüfung von Abschiebehaft zuständigen Gericht schwere Vorwürfe gemacht, weil Richter am Wochenende ab mittags nicht mehr erreichbar waren. Ein Rumäne, den die Polizei nicht festhalten durfte, weil sie ihm keine Straftat nachweisen konnte, konnte damals nicht in Abschiebegewahrsam genommen werden – was ohnehin rechtlich vermutlich nicht zulässig gewesen wäre.

Trotzdem reagierte damals Justizsenatorin Lore Maria Peschel- Gutzeit (SPD) mit einer Gesetzesinitiative, um die Dienstzeiten für Bereitschaftsrichter am Wochenende zu verlängern. Sie mußte sich darauf von Juristen vorwerfen lassen, auf populistische Art und Weise ein Verhalten zu unterstützen, mit dem sich die Polizei am Rande der Legalität bewege. Ein Gremium von Richtern verschiedener Gerichte läßt das inzwischen gültige Gesetz begutachten und erwägt Verfassungsklage.

Wie sich an diesem Wochenende aber nun herausstellte, nützt es nichts, der Ausländerbehörde irgendetwas recht zu machen: Obwohl nach Angaben der Justizverwaltung die Sammelnummer des Amtsgerichts Schöneberg der Ausländerbehörde „seit langem bekannt“ ist und eine Richterin erreichbar gewesen wäre, rief eine Mitarbeiterin der Behörde am Samstag auf dem Apparat der Geschäftsstelle an – natürlich ohne Erfolg. Und obwohl der Direktor des Amtsgerichts sogar auf einen Anruf wartete, sowohl einen Anrufbeantworter wie auch ein Telefaxgerät angeschlossen hat, meldete sich bei ihm ebenfalls niemand. „Es sind keinerlei Versäumnisse auf Seiten des Gerichts erkennbar“, ließ die Justizsenatorin gestern deshalb verlauten.

Innensenator Schönbohm wiederum „bedauerte“ die unfreiwillige Gastfreundschaft. Seine Sprecherin Francine Jobatey wollte sich allerdings nicht dazu hinreißen lassen, die süffisante Angelegenheit als peinlich zu bezeichnen: „Dazu beziehe ich keine Stellung.“ Der Vorfall werde noch überprüft. Schönbohms Parteifreund Volker Liepelt, parlamentarischer Geschäftsführer, forderte „personelle Konsequenzen“. Dirk Wildt