Bernhard Lichtenberg

„Lasset uns beten für die Juden und für die armen Gefangenen in den Konzentrationslagern.“ Mit diesem Satz begann der Dompfarrer Bernhard Lichtenberg (1875–1943) in der Berliner St. Hedwigs-Kathedrale am 29. August 1941 sein Abendgebet. Zwei Studentinnen verließen empört die Kathedrale und erstatteten Anzeige. Acht Wochen später wurde er verhaftet. In seiner Wohnung fand die Gestapo ein mit Anmerkungen versehenes Exemplar von „Mein Kampf“ und einen Predigttext gegen die Judenhetze.

Lichtenbergs Auseinandersetzungen mit den Nazis begannen schon in den zwanziger Jahren. Damals engagierte er sich im „Friedensbund“. Als 1931 der Film „Im Westen nichts Neues“ nur in geschlossenen Veranstaltungen gezeigt werden durfte, lud er zur Vorführung in den Neuköllner Mercedes-Palast ein. „Raus, zum Tor mit Monsignore Lichtenberg“, tönte das deutschnationale Berlin prompt. Die Reichsprogromnacht vom 9. November kommentierte er von der Kanzel mit „draußen brennt der Tempel – das ist auch ein Gotteshaus“. Fortan schloß er die „nichtarischen Christen“ und die Juden in seine Abendgebete ein. Zwischen 1933 und 1941 wurde Lichtenberg mindestens siebenmal zur Gestapo geladen, bei seinem Verhör Ende August 1941 sagte er: „Ich habe nur einen Führer, Jesus Christus.“ Im März 1942 wurde er wegen Kanzelmißbrauchs zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Die Haft und die Folterungen überlebte er nicht. Lichtenberg starb am 5. November 1943 auf dem Weg ins KZ Dachau im bayerischen Hof. Sein Seligsprechungsprozeß begann 1965. Die St. Bernhard Kirche nahe dem Gefängnis in Tegel wird ab Sonntag Lichtenbergs Namen tragen. aku, Fotos: AP