Sabotage auf Flughafen Tempelhof

■ Möglicherweise ist Sabotage die Ursache für den Cessna-Absturz im Februar, bei dem zehn Menschen starben. Polizei ermittelt wegen einer Serie von Manipulationen an Privatflugzeugen

Wer am Flughafen Tempelhof abhebt, lebt gefährlich. Ein Unbekannter hat in den vergangenen Monaten auf vereinzelte Maschinen und Hubschrauber Sabotageakte verübt. In zwei Fällen sind sich die Ermittler sicher, daß es sich um Sabotage handelt, in drei weiteren Fällen schließen sie Sabotage nicht aus. Möglicherweise ist deshalb auch im Februar eine Cessna abgestürzt. Bei dem Absturz am Rosenmontag in Bayern starben zehn Menschen.

Der Unfall war spektakulär, weil unter den Opfern vorbestrafte Geschäftsleute waren, die in den Umweltskandal und illegale Müllgeschäfte der Berliner Chemiefirma Chemulak verwickelt waren. Auch sollen sie illegal Millionenbeträge ins Ausland verschoben haben.

Die Polizei stellte später bei den Ermittlungen fest, daß sowohl an der abgestürzten Cessna und zwei weiteren Flugzeugen in Tempelhof aufblasbare Polster („Boots“) beschädigt waren, mit denen Eis von Tragflächen abgesprengt wird. Ob die Risse in den Polstern vielleicht nur altersbedingt waren, wird derzeit geprüft. Bei einem Bell-Helikopter hatte ein Unbekannter einen Stoffetzen in den Ölkühler gestopft und bei einem Piaggio-Jet Schaumstoff und ein Metallteil in das Triebwerk fallen lassen. Die Sabotageakte wurden vor dem Abflug entdeckt.

Die Polizei hat bislang keine Erkenntnisse über ein mögliches Motiv. Es habe keine Erpressungsversuche gegeben, sagte gestern Harald Wunderlich, der die Ermittlungen leitet. Auch seien nur Maschinen verschiedener Hersteller und privater Betreiber in einer mit einem Zahlenschloß gesicherten Flughalle beschädigt worden. Linienflugzeuge auf dem Flugfeld blieben bislang unversehrt. Die für den Cessna-Absturz zuständige Staatsanwaltschaft Traunstein hielt sich gestern bedeckt: „Es gibt keine neuen Erkenntnisse“, sagte Oberstaatsanwalt Jürgen Michalke.

Während sich gestern Personal und Passagiere auf dem Flughafen gelassen gaben, reagierte der Geschäftsleiter einer Chartergesellschaft für Hubschrauber aufgebracht. Wie über die Vorfälle berichtet würde, sei zum Teil „schlichtweg falsch“. Es sei „fahrlässig“, Informationen in der Öffentlichkeit zu verbreiten, solange die Ermittlungen laufen. Die Fluggäste würden unnötig verunsichert. „Das ist hochgradig geschäftsschädigend“, schimpfte er. Der Flughafen Tempelhof sei „der sicherste der Stadt“. Der Geschäftsleiter vermutet, daß jemand die Schließung früher als geplant erreichen wolle. Sobald der Planfeststellungsbeschluß für den Großflughafen Schönefeld rechtskräftig ist, wird Tempelhof geschlossen.

Vom hohen Sicherheitsstandard ist auch der technische Betriebsleiter der Privatlinie „Windrose“ überzeugt. Hendro Sasmono ist es schleierhaft, wie ein Saboteur es geschafft hat, die aufblasbaren Polster eines seiner Flugzeuge aufzuschlitzen. Zu den möglichen Gründen für die mutwillige Beschädigung wollte er sich nicht äußern. Er könne sich nicht vorstellen, daß eine Privatgesellschaft einer anderen schaden wolle. Dies sei nur eine der Spekulationen. Die Geschäfte liefen derzeit „relativ gut“. „Vielleicht hat derjenige schon erreicht, was er erreichen wollte“, spekulierte Sasmono, „die Leute zu verunsichern.“ Dirk Wildt/Stephanie v. Oppen