Rundfunkrat spielt Hoppe, hoppe Reiter

■ MDR-Gremium läßt Hörfunkchefin auflaufen und düpiert den Intendanten

Das sei eine Warnung an den Intendanten gewesen. Herbert Goliasch läßt keinen Zweifel an seiner Einschätzung: „ja, ein Schuß vor den Bug“. Immer wieder, sagt der CDU-Rundfunkrat und Medienpolitiker im sächsischen Landtag, habe man Kritik vorgebracht. „Doch wenn das nicht gehört wird, hat man am Ende selber Schuld.“ Am Ende, da stand MDR-Chef Udo Reiter „völlig überrascht“ vor dem Eklat im Rundfunkrat. Gleich dreimal war Reiter am vergangenen Montag mit seinen Personalvorschlägen baden gegangen: Erst versagten die Rundfunkräte Fernsehchef Henning Röhl die Mehrheit, dann fiel Karola Wille als Juristische Direktorin durch. Schließlich traf es Hörfunkchefin Karola Sommerey. Bei ihr halfen dann auch die lautstarken Überzeugungsversuche nichts, die den beiden anderen im zweiten Wahlgang den Job sicherten. Sommerey bekam nicht einmal die einfache Mehrheit. Zwei Drittel hätte sie gebraucht.

An Sommerey hatte sich schon seit längerem ein ganzer Wust von persönlicher, professioneller und politischer Kritik entzündet. „Vom ersten Tag an“, so wird berichtet, habe die Hörfunkchefin in der Schußlinie gestanden. Da sahen insbesondere die CDU-Vertreter im Sendergremium in der vergangenen Woche die Stunde gekommen. Zumal der eben veröffentlichten Media-Analyse zufolge die von Karola Sommerey verantworteten Programme fast alle Hörer verlieren.

Am höchsten schlugen die Wellen, als die Hörfunkdirektorin im vergangenen Jahr am Rundfunkrat vorbei konkrete Pläne für eine Radioreform machte: Als „MDR- Phönix“ sollte das Infoprogramm auf UKW gehen, wobei die Kultur in jenem Phönix und die klassische Musik auf einer Satellitenwelle verschwinden sollte. Der „Phönix“ versank nach heftigen Protesten in der Asche, es blieb eine Kulturwelle, die nun Mozart mit Stefanie Hertel paart und die nur noch 48.000 Menschen im großen MDR-Land hören.

Gleich mehrere Pleiten wurden der resoluten Frau im Zusammenhang mit den Orchestern des Senders vorgeworfen. Die größte: Nachdem der teure Chefdirigent der MDR-Sinfoniker sich als Flop erwies, wurde er kaltgestellt und bekam schließlich geschätzte 500.000 Mark Abfindung. Von Millionenverlusten ist auch die Rede, wenn es um das gescheiterte Projekt „Ticketgalerie“ geht, das als privatwirtschaftliche Tochter eigentlich Geld bringen sollte.

Doch schwerer als die konzeptionellen Mängel dürften atmosphärische Störungen gewogen haben: „Arroganz“ und „Ignoranz“ werfen ihr Rundfunkrats- und Redaktionsmitglieder vor, für die Region habe sie sich in „Wessi-Manier“ nie interessiert.

Auf den Fluren wird jetzt heftig schmutzige Wäsche gewaschen. Ein ähnliches Erbe blieb schon vor fünf Jahren in Bremen zurück, von wo Intendant Reiter Karola Sommerey nach Leipzig rief. Sie kam als Nutznießerin ARD-üblichen Parteienproporzes: Im tiefschwarz eingefärbten Personaltableau war der SPD-Frau die Rolle des linken Feigenblatts zugedacht. „Wenn sie nicht das SPD-Parteibuch gehabt hätte, hätte sie schon die fünf Jahre nicht überstanden“, behauptet Goliasch. Immer wieder, so wird berichtet, sei Sommerey von oben geschützt worden. Doch im anders als im Westen geht hier im Rundfunkrat „Ostidentität“ zuweilen noch vor Parteitreue.

So will man jetzt am liebsten einen Hörfunkdirektor aus dem Osten. Mit „Verständnis für die Region“ wünscht ihn sich ein parteiunabhängiger Rundfunkrat, kommunikationsfähiger will ihn PDS-Vertreter Prof. Hans Poerschke. Und, fordert Unionsfreund Goliasch, „er sollte kein CDU-Mann sein“. Schließlich soll das nicht nach schwarzem Durchmarsch aussehen. Der Mann, auf den dieses Profil paßt, scheint schon ausgeguckt: Sommereys Stellvertreter Christian Schneider, Chef der Infowelle, wird mit Nachdruck ins Gespräch gebracht. Lutz Meier