Erfundene Ausgrabungen

■ Kampnagel: „Partikelprojektionen“ zeigt Filmwundermaschinen

Vor modernen Bildwelten dominiert die kalte Bildschirmscheibe und trennt von den elektronischen Teilen, die man tunlichst an ihrem Platz beläßt. Filmapparate aber bestehen aus optischen und mechanischen Teilen, die Umbauten weit besser zulassen. Eine wunderbare Reise in das Innere alter Bildmaschinen, abenteuerlich und skurril, bietet die Ausstellung Partikelprojektionen.

Drei Künstlerinnen und sieben Künstler haben Projektionsobjekte zwischen Kino und Skulptur gebaut, die im abgedunkelten Raum die Aura von „Ausgrabungen von Maschinen, die die Menschheit einst für ihre Träume brauchte“, erhalten, so Aurora Fornuto und Marco Farano im Katalog.

Bastler im positiven Sinne sind alle diese Künstler-Filmemacher. Da werden Laub und Insektenflügel auf den Film geklebt, den ein Spielzeug-Clown in Gang setzt (Ursula Helfer). Da werden hebräische Worte durch eine Glaskugel projiziert, in der mittels Magnetrührer ein Wasserstrudel tobt (Deborah Phillips). Da guckt der Film zurück, indem ein augenförmiger Projektor die Wand abschwenkt (Thomas Bartels).

Der Bremer Uli Eichelbach montierte auf die Innenseite von Trommeln reale Dinge im Phasenlauf. Werden diese bei sich drehender Trommel von außen betrachtet, läßt das Auge sich täuschen: Die Gipshand bewegt sich, die Modellkühe laufen. Solche Wundertrommeln oder „Zoetrope“ sind frühe Erfindungen aus der Zeit, als die Bilder laufen lernten.

Heute laufen die Maschinen oft als Selbstzweck und bedienen sich der Bilder. Hamburg-Stipendiat Jörg Zehe sieht das weniger medienkritisch als sportlich. Zur Eröffnung veranstaltete er einen Wettlauf, bei dem sich zehn Filmprojektoren selbst durch den Raum zogen. Aber auch aktueller Techniken gewinnt er neue Sichtweisen ab: Mittels Glasfasern wird aus einem Punktewirrwarr plötzlich ein Zebra sichtbar. Die Analogie zur willkürlichen Konstruktion von Sternbildern liegt nahe, nicht nur weil nebenan eine Maschine die obskure „Hohlwelt“-Theorie illustriert und den Äquator ringsum an die Wand wirft.

Wie eine hermetische Botschaft aus fernen Welten kommt Martin Hansens „Blauer Monolith“ daher: Im geschlossenen Plexiglas arbeitet das Medium nur noch für sich. Nur mit Mühe kann man im Objektiv selbst einen Mund unverständliche Mitteilungen sprechen sehen. Immer wieder scheinen Endlosschleifen die Zeit aufzuheben, während ein Mensch unbeirrt auf der Stelle durch einen sich drehenden Projektionsausschnitt geht oder in einer „Schöpfungsmaschine“ mal als Mann und mal als Frau, mal größer und mal kleiner hervorgezaubert wird.

Ein definitives Ende setzte der „Filmdurchlauferhitzer“ von Lutz Garmsen. Hier schmilzt das gar nicht kalte Licht den Film: Das Selbstporträt vergeht im Kinorausch. Hajo Schiff

Di-Fr, 16-20 Uhr, k3 auf Kampnagel, noch bis Freitag