■ Was eigentlich sollen Herr Feldkamp & Co. bei der EM?
: O Expertenhuberei

Mit der zunehmenden Beckmannisierung des Fußballs wird immer mehr Luft ins Leder gepumpt. Die Kickerei kostet viel Geld und verspricht Quote, und so wird jede verzogene Flanke TV- mäßig durchgewalkt wie ein verhärteter Wadenmuskel weiland von Masseur Deuser.

Superslowmotion, Studios einrichten, Irrsinnszeitlupe, Logistik klären, fliegende Kameras, Satelliten mieten – gegen den Einfall von ARD und ZDF in England war die Operation „Wüstensturm“ von General Schwarzkopf in Kuwait ein besserer Kindergeburtstag, trotz CNN. Ohne richtiges Fachpersonal, logisch, geht da nichts.

Karl-Heinz „Kalli“ Feldkamp beispielsweise hat beim ZDF den offiziellen Status „Experte“. Böswillige Menschen könnten daraus schließen, die angestellten ZDF- Mitarbeiter seien keine.

Der Mann mit dem gelockten Schädel eines altrömischen Senators nämlich tut eigentlich nichts – und wird dafür anständig entlohnt. Gern läßt Kalli auch an seinem oberen Rumpfbereich Firmenlogos annähen. Und wie ein Fan der „Freunde der Nationalmannschaft“ reist er gemütlich von Spielort zu Spielort, guckt ein bißchen Fußball und sagt Sachen ins Mikrofon, die den gebildeten Kicker-Leser verraten, etwa: „Ziege hätte mehr nach vorne tun müssen ...“ Oder: „So wie Eilts heute gearbeitet hat, können wir noch viel von ihm erwartet ...“

Sapperlot! Ohne derart Expertiges wär' der Zuschauer verloren. Hansi Müller erklärt uns „den Italiener“, Christoph Daum bringt irräugig „den Türken“ näher, Gernot Rohr weiß alles über „den Franzos“, und im Pub schlürft fachmännisch das Insel-Trio Immel/Rössler/Frontzeck am Bierglas und tippt Engeland-Sieg, Unentschieden, Niederlage, ein jeder wie's beliebt. Ein Prost auf den Stammtisch, cheers!

Da entmündigt sich ein ganzer Berufsstand, grinst einfältig dazu und driftet vollends ins Plaudertaschenunwesen mit vermeintlichen Experten ab – jeder Zuschauer macht das zu Hause bei Pils und Salzstangen niveauvoller.

Volker Finke sagt's ja immer, aber keiner glaubt's ihm: Fußball ist zum Anschauen da, zur Show taugt er nicht. Trotzdem kleidet sich Waldemar („Waldi“) Hartmann wie ein Magier aus Las Vegas, und dem „Herrn Bundeskanzler“ bietet er sofort einen Job bei der ARD an, wg. profunder „Analyse“. Helmut („Helmi“?) Kohl nämlich sah „die Italiener traurig, sie fahren heim, und wir sind weiter“. Und das irre dabei ist: der „Waldi“ meint's ernst.

Höchstes Lob aber bekommt stets „Kalli“. Der sagt das Nichts mit Grandezza, gänzlich unirritiert von der eigenen Floskelhaftigkeit und mit dem beseelten, entrückten Lächeln desjenigen, dem keiner was kann. – England, erklärt er präzise, bringt's nicht. Saublöd, daß die Gascoignes daraufhin expertenwidrig Holland einfach wegputzen. Großer Irrtum, sagt er dann, England hat's voll gebracht. „Wahre Klasse“, findet die Süddeutsche Zeitung. Und warum? Wohl, weil Kalli die Garderobe inzwischen im „VIP-Shop von Boss“ (SZ) kauft.

O Herrgottle von Biberach! Wieviel Gewicht wird das Wort eines Experten im Fernsehen erst erhalten, wenn er 'ne Uhr von Audemars Piguet und Unterwäsche von Cerruti trägt! Norbert Thomma