Der Rohrbruch

■ Und noch 'ne Vereinigung: Wie es den Chefs der Anstalten ORB und SFB mal wieder gelungen ist, sich nicht zu treffen

Berlin (taz) – Diplomaten lesen den Stand der Dinge bekanntlich von Äußerlichkeiten ab. Und wenn es um das Verhältnis der beiden ARD-Kleinsender ORB und SFB geht, befindet man sich im Reich höchster Diplomatie. Das zeigte sich wieder mal, als man sich Ende vergangener Woche anschickte, auf oberster Ebene öffentlich über die Fusion der beiden Sender zu reden. Da stand SFB- Intendant Günther von Lojewski bebend vor Zorn auf dem weiten Platz vor dem Preußischen Landtag.

Er sah sich vom ORB-Kollegen jäh versetzt. Der Potsdamer Intendant Hansjürgen Rosenbauer hatte ein launiges Fax an den Veranstalter, die Bündnisgrünen, geschickt: Umzugshändel hielten ihn fern. Auch ein Rohr war angeblich gebrochen.

Dabei sollte in den hohen Hallen noch gar nicht fusioniert werden, nur diskutiert. Aber reden mochte der SFB-Chef nun nicht mehr. Nicht mit dem Stellvertreter! Wenigstens aber gibt es Mittel, die das Handeln befördern, auch wenn in Chefzimmern Antipathien gefüttert werden: Zahlenwerke zum Beispiel mit deutlichem Schlag ins Rote. Ein solches lag vor einer Woche dem SFB- Rundfunkrat vor, der sich mit der Finanzplanung des Berliner Senders bis ins Jahr 2001 befassen mußte. Ergebnis: Ab 1999 macht das Haus trotz Gebührenplus wieder satte Verluste, am Ende steht bei der Liquidität ein Minus von 103,4 Millionen. Dabei sind da manche Ausgaben, wie die für das Vorbildprojekt Radio Multikulti noch gar nicht drin. Zukunft ungewiß.

Zwar sieht es in Potsdam nicht ganz so schlimm aus, doch auch beim ORB hat man die Gewißheit, daß man in Zukunft kaum über die Runden kommt: Speziell beim Fernsehen explodieren die Kosten. Fusion oder Auszehrung scheint die Alternative. Senderfusion sei wohl nötig, so unisono die beiden Intendantenvertreter. Doch mit einem gemeinsamen Dritten taten sie sich schwer. Sowas geht in Berlin-Brandenburg an die „Identität“. Kurz, alles bleibt am besten wie es ist, fusioniert wird nur, wenn's keiner merkt. ORB-Hörfunkchef Gerhard Hirschfeld schien auch an die eigene Spitze zu appellieren, als er forderte: „Weniger Eitelkeiten in den Anstalten, mehr Professionalität, weniger Geisterfahrer in der Politik.“ Der Politik freilich könnte es einmal mehr zuzukommen, die Anstalten anzustubsen. Marianne Brinckmeier, SPD-Abgeordnete und SFB-Rundfunkratschefin: „ORB und SFB könnten zeigen, was möglich ist, zwischen Regionalisierung à la Stoiber/Biedenkopf und großen Einheiten“. Doch dazu müßten sie zusammenwollen, und damit „gibt es auf der Programmebene am wenigsten Schwierigkeiten, mehr in den Spitzen“.

Eines der Zauberworte der Fusionsdebatte ist seit längerem „Outsourcing“. Einzelne Projekte, hatte der fehlende ORB-Chef vorgeschlagen, könnten als selbständige Einheiten vor der Fusion „ausgegründet“ werden. Vielleicht sollte man mit dem Ausgründen bei den bestehenden Intendanzen anfangen. Vielleicht würde danach alles ganz schnell gehen mit dem Fusionieren. Lutz Meier