Holocaust-Museum stößt auf Skepsis

■ Initiative will „Deutsches Zentralmuseum gegen Verbrechen wider die Menschlichkeit“ in Berlin gründen. Gedenkstätten fürchten um Existenz. Senat: nicht finanzierbar. Streit um Mahnmal geht weiter

Der Streit um das Berliner Holocaust-Mahnmal ist anhaltend, nun kommt auch noch der Streit um ein mögliches Holocaust-Museum hinzu. Berlin solle zum Standort eines „Zentralmuseums gegen Verbrechen wider die Menschlichkeit“ werden, beschloß am Wochenende das Gründungskuratorium in Hannover. Doch die bestehenden Gedenkstätten und der Senat zeigen sich äußerst skeptisch gegenüber dieser Idee.

Der Hannoveraner Friedensforscher Hans-Jürgen Häßler hatte bereits 1993 vorgeschlagen, daß die israelische Gedenkstätte Jad Vaschem und das Washingtoner Holocaust Memorial Museum ein deutsches Pendant erhalten müsse. Im Laufe der Zeit sammelte er jede Menge prominenter Unterstützer – von Micha Brumlik über Bärbel Bohley, Hans Modrow, Oskar Lafontaine, Heide Simonis und Kurt Biedenkopf bis zu Jürgen von der Lippe. Im Gründungskuratorium sitzen unter anderem Lea Rosh, Günter Grass und Margarethe Mitscherlich.

Doch was solch ein „zentrales“ Museum im Land der Täter und der dezentralen Tatorte eigentlich zeigen soll, ist umstritten. Im Gegensatz zum geplanten Holocaust- Mahnmal solle es „alle Opfergruppen und natürlich auch die Täter berücksichtigen“, so Lea Rosh zur taz. Bei der Darstellung der Verbrechen wider die Menschlichkeit solle das Museum „die Linie weiterführen bis heute, bis zu Pol Pot oder Exjugoslawien“.

Doch in diesem Anliegen wittern Kritiker die Gefahr historischer Relativierung. Bei diesem „Entlastungsversuch“ werde „von der Hexenverfolgung bis zu Ruanda alles in einen Topf geworfen“, wetterte Hanno Loewy vom Frankfurter Fritz-Bauer-Institut schon 1994.

Die Gefahr ungewollter Konkurrenz in Zeiten knapper Kassen sehen auch viele andere Mitarbeiter der Gedenkstätten in und um Berlin. Nötig sei kein neues Museum, sondern der Erhalt der gefährdeten Gedenkstättenlandschaft. Ausnahmsweise ins gleiche Horn bläst der Senat: Ein solches Museum sei im Land der „authentischen Gedenkorte“ nicht besonders sinnvoll und „derzeit auch nicht finanzierbar“, so Lutz Nebelin, Sprecher von Kultursenator Peter Radunski (CDU). Auch die Jüdische Gemeinde denke so.

Für Lea Rosh ist „die Spardiskussion in diesem steinreichen Land zum Teil vorgeschoben“. Das Museum sei eine „sinnvolle Ergänzung“ zu den bestehenden Gedenkstätten, auch wenn es zugegebenermaßen „Überschneidungen“ mit der „Stiftung Topographie des Terrors“ gebe. Die provisorisch untergebrachte Stiftung hatte dem Senat nach langen Querelen erst vor kurzem abtrotzen können, daß im Herbst mit dem Bau einer Dokumentations- und Begegnungsstätte auf dem ehemaligen Gestapo-Gelände begonnen wird. Dort sollen, ähnlich wie für das Holocaust-Museum geplant, auch gegenwärtige Menschenrechtsverletzungen zum Thema gemacht werden können.

Doch das Klima zwischen der Initiative in Hannover und der Stiftung in Berlin ist nicht nur deswegen verfrostet. „Die in Hannover haben sich ein schönes Gutmenschen-Projekt ausgedacht, aber sie hielten es bis heute nicht für nötig, mit anderen Gedenkstätten zu reden“, so eine Beobachterin.

Auch der Streit über das Holocaust-Mahnmal geht weiter. In einem von Hanno Loewy initiierten „Dringenden Appell“ (taz vom 22. 6.) schlug die Prominenz der deutschen Gedenkstättenlandschaft vor, das Mahnmal am Platz der Republik und nicht am „Täterort“ in den Ministergärten zu errichten. Außerdem solle eine zweite Stufe des Wettbewerbs mit allen TeilnehmerInnen ausgelobt werden. Lea Rosh nannte das Ansinnen „lachhaft“: „An den Reichstag wollen nur die, die das Projekt verhindern wollen.“ Kultursprecher Nebelin verwies auf ein Auslobergespräch am Donnerstag, auf dem die Namen der einzuladenden KünstlerInnen abgesprochen werde. Der Standort aber „steht fest“. Ute Scheub