Einmal Bundesligaprofi sein

■ Die B-Jugend des FC St. Pauli ist sehr erfolgreich. Am Sonntag spielt sie im Achtelfinale zur Deutschen Meisterschaft gegen Köln Von Torsten Schlemm

Libero Hasan Birken bringt so leicht nichts aus der Ruhe. Zwei Gegner, die versuchen ihn zu attackieren, läßt er mit einer Körpertäuschung gekonnt ins Leere laufen. Der Ball bleibt am Fuß, die Augen suchen schon die nächste Anspiel-station im Mittelfeld. „Die Jungs sind spielerisch schon sehr weit“, lobt Trainer Helge Beckmann, „lediglich beim Kämpferischen fehlt noch etwas.“

Eine überraschende Aussage, schließlich trainiert auf dem Grandplatz am Fuße des Feldstraßen-Bunkers gerade die B-Jugend des FC St. Pauli, einem Verein, der nicht unbedingt mit einer ausgeprägten Spielkultur in Verbindung gebracht wird. „Das gilt nur für die Herrenmannschaften“, erklärt Beckmann „im Jugendbereich ist das durchweg anders.“

Eine These, die es am Sonntag zu beweisen gilt. Dann trifft sein Team im Achtelfinale um die Deutsche Meisterschaft auf den 1. FC Köln. Anders als in den Vorjahren gibt es diesmal nur eine Begegnung, zum Glück hat St. Pauli ein Heimspiel. Ein vielleicht entscheidender Vorteil, denn „die Kölner wirken körperlich etwas kompakter“, hat Beckmann beobachtet. Zudem sind die St. Paulianer seit vier Wochen ohne Wettkampfpraxis.

Zuvor mußten seine Jungs nur selten bis an ihre Leistungsgrenze gehen. In Hamburg gibt es nur „zwei, drei Vereine, die einen wirklich fordern“, beklagt der 30jährige Coach. So ist es nicht verwunderlich, daß Beckmanns Team in der Leistungsklasse der B-Jugend älterer Jahrgang – bis zu 17 Jahre – um ein Haar ungeschlagen die Hamburger Meisterschaft eingefahren hätte. Erst am letzten Spieltag setzte es die einzige Saisonniederlage – ausgerechnet gegen den großen Konkurrenten HSV. Doch das 3:1 nutzte dem Lokalrivalen nichts: Am Ende holte St. Pauli aufgrund der besseren Tordifferenz den Titel.

Die Manndecker Sinan Demir und Tony Arthur geraten beim Trainingskick aneinander – kurz aber heftig. Zuvor hatte es nach einer brenzligen Situation vor dem eigenen Tor unterschiedliche Auffassungen über die Verrichtung der Deckungsarbeit gegeben. So ein Disput sei normal, aber nicht repräsentativ für die Stimmung in der Mannschaft, sagt Beckmann. „Die Kameradschaft ist gut“, die Jungs unternähmen auch privat sehr viel zusammen.

Vor drei Jahren spielten braun-weiße Kicker zuletzt um Meisterehren. Damals war es ebenfalls die B-Jugend, die erst im Halbfinale an Borussia Dortmund scheiterte. Aus dem damaligen Team schafften immerhin fünf Spieler den Sprung in den letztjährigen Regionalliga-Kader der St. Pauli-Amateure.

Eben diese Mannschaft wird Beckmann in der kommenden Saison als Co-Trainer betreuen, was für die Zusammenarbeit zwischen Jugend- und Herrenbereich positive Auswirkungen haben sollte. „Bis zur Regionalliga-Mannschaft klappt es bei uns ganz gut,“ hat Beckmann erkannt „es hapert lediglich bei der Kommunikation mit der Profi-Abteilung.“ Ein großes Problem: Die größten Talente wandern ab, weil sie bei Uli Maslo, dem Bundesliga-Coach, keine Chance sehen. Beckmann hofft jedoch, daß sich in Zukunft ein Spieler so aufdrängt, daß niemand im Verein an ihm vorbeikommt, „schließlich verstehen wir uns als Unterbau für die Bundesliga.“

Im Trainingsspiel gegen die eigene A-Jugend ist die letzte Minute herangebrochen. Angreifer Obed Oppong wirbelt durch den Strafraum und paßt auf den von hinten heranrauschenden Ivan Klasnic. Der hat keine Mühe, zum 4:1-Endstand einzuschießen. Vielleicht ein gutes Omen für übermorgen.

Sonntag, 11 Uhr, Sternschanze